Computerwissenschafter Thomas Henzinger.

Foto: IST Austria

Wien/Klosterneuburg - Der gebürtige Linzer Computerwissenschafter Thomas Henzinger (45) wird erster Präsident des Institute of Science and Technology Austria (I.S.T. Austria) in Maria Gugging bei Klosterneuburg (NÖ). Das hat das Kuratorium des Instituts in einer Sitzung am Donnerstag beschlossen, teilte das I.S.T. Austria mit. Der seit 2004 als Professor an der ETH Lausanne tätige Spezialist an der Schnittstelle von Informatik und Biologie wird sein Amt am 1. September 2009 antreten.

Das derzeit in Aufbau befindliche I.S.T. Austria hatte bereits Ende Juni dieses Jahres den deutschen Gehirnforscher Tobias Bonhoeffer zum Präsidenten gekürt. Er sagte allerdings ein Monat später aus persönlichen Gründen wieder ab. Das mit der Suche nach dem Präsidenten beauftragte Komitee entschloss sich, nicht mehr auf die Bewerber der ersten Runde zurückzugreifen, sondern neue Optionen zu suchen. Laut Institut wurden mehrere neue Kandidaten vorgeschlagen, aus denen sich Henzinger als "der am besten geeignete Kandidat" herauskristallisiert hat.

Harari Interimspräsident

Bis zum Amtsantritt Henzingers wird das mit dem Aufbau des I.S.T. Austria beauftragte Exekutivkomitee unter Leitung von Haim Harari weiterhin die Funktion des Präsidenten wahrnehmen. Henzinger, der für vier Jahre als Chef und auch als Professor am Institut bestellt wurde, werde in dieser Zeit regelmäßig als Berater zur Verfügung stehen, seine Aufgabe "Schritt für Schritt übernehmen und häufig am Campus anwesend sein", hieß es seitens des Instituts.

Der Vorsitzende des Kuratoriums, Claus Raidl zeigte sich erfreut, dass "ein derart hervorragender Wissenschafter die große Herausforderung angenommen hat". Besonders froh sei man, dass "unser erster Präsident ein Österreicher ist, der nach vielen Jahren und einer bedeutenden Karriere im Ausland zurückkehrt". Harari sieht die Entscheidung "von Evaluierungen und Bewertungen von führenden Wissenschaftern und Wissenschaftsadministratoren unterstützt, die Henzinger als außergewöhnliche wissenschaftliche Führungspersönlichkeit auf seinem Gebiet und als Mann von großer intellektueller Qualität und Integrität empfehlen".

"Große Herausforderung"

Der designierte I.S.T. Austria-Chef fühlt sich durch die Bestellung geehrt, es sei "ein außergewöhnliches Unterfangen und eine große Herausforderung, das Institut aufzubauen". Gegenüber der APA bezeichnete Henzinger das I.S.T. Austria als "das interessanteste österreichische Wissenschaftsprojekt", er sei "wirklich stolz, dass das in Österreich möglich ist". Langfristig solle das Institut das für Österreich werden, was das Weizmann-Institut für Israel oder die Eidgenössischen Technischen Hochschulen für die Schweiz seien. "Das I.S.T. Austria sollte etwas werden, was Österreich international herzeigen kann und worum uns die Welt beneidet."

Henzinger, am 8. Dezember 1962 in Linz geboren, ging nach seinem Studium der Informatik an der Uni Linz in die USA, wo er an mehreren renommierten Universitäten tätig war. Seit April 2004 ist er Professor für Computer and Communication Sciences an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Lausanne.

Häufig zitiert

Der designierte I.S.T. Austria-Präsident beschäftigt sich vor allem mit der Verbesserung der Zuverlässigkeit von Soft- und Hardwaresystemen. In letzter Zeit hat er sich auch auf andere Gebiete spezialisiert, etwa die Spieltheorie und die Systembiologie. So hat er den Begriff "Executable Biology" geprägt, ein Ansatz, mit dem die Interaktion von Molekülen oder Zellen mathematisch beschrieben und damit modelliert werden kann. Henzinger kann auf eine umfangreiche Publikationsliste verweisen, in zwei Feldern der Computerwissenschaft ("Software Engineering and Programming Languages" und "Real-Time and Embedded Systems") zählt er zu den weltweit zehn am häufigsten zitierten Autoren.

Für das I.S.T. Austria sei der multidisziplinäre Ansatz Henzingers, vor allem die Kombination von Informatik und Biologie, "von besonderem Interesse", hieß es seitens des Instituts. (APA)