Thomas Oberender (42), ehemals Chefdramaturg in Bochum und Zürich, verlässt 2009 Salzburg.

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Jürgen Flimm steht über die Saison 2011 hinaus nicht mehr als Intendant zur Verfügung.

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Salzburg - Knalleffekt in der Kuratoriumssitzung der Salzburger Festspiele am Dienstag: Jürgen Flimm gab bekannt, über die Saison 2011 hinaus nicht mehr als Intendant zur Verfügung zu stehen.

Die Frage der Vertragsverlängerung, die bis September 2009 zu beantworten gewesen wäre, stellt sich daher nicht: Das politisch besetzte Gremium beschloss, Mitte Jänner 2009 eine Findungskommission einzusetzen. Wer dieser angehören wird, sei noch nicht entschieden, erklärte Wilhelmine Goldmann. Die von Kulturministerin Claudia Schmied ins Kuratorium entsandte Managerin übernimmt mit dem Jahreswechsel den Vorsitz im Kuratorium. Der neue Intendant soll noch vor dem Sommer 2009 designiert werden.
"Es gibt ein Leben nach Salzburg. Ich werde in eine andere Stadt gehen, aber es fehlt noch ein Gespräch, die Sache entscheidet sich in zehn Tagen", erklärte Jürgen Flimm nach der Sitzung. Er war von 2002 bis 2004 unter Intendant Peter Ruzicka Schauspielchef; sein Vertrag als Intendant begann am 1. Oktober 2006.


In den Jahren 2010 und 2011 wird Flimm zusätzlich noch das Theater programmieren. Denn der Autor und Dramaturg Thomas Oberender, seit 2007 Schauspielchef, gab bekannt, die Mozart-Stadt nach Ende der Saison 2009 vorzeitig zu verlassen. "Das Opernprogramm 2011 steht bis auf eine Produktion bereits fest", sagte Flimm. "Daher sehe ich kein Problem, mich in den kommenden zwei, drei Jahren verstärkt um das Theater zu kümmern."
Unmittelbar vor der Kuratoriumssitzung hatte Oberender an die Mitglieder der Gremiums ein ausführliches Schreiben verteilen lassen, das dem Standard zur Gänze vorliegt. In diesem beklagt Oberender, von Flimm aus Salzburg hinausgemobbt worden zu sein.
Nach Auseinandersetzungen im Juni 2007, die Autonomie von Oberenders Entscheidungen betreffend, soll Flimm seinem Schauspielchef angekündigt haben, dass dieser „keine glückliche Minute mehr bei den Festspielen" verleben werde. Flimm sei ab dann für Oberender "gesprächsweise nicht mehr erreichbar" gewesen.

Mehr noch: Am 10. März 2008 - die Zwischenzeit beschreibt Oberender als "dunkelste Phase meines Lebens" - wurde der Schauspieldirektor mit der Flimm-Mitteilung konfrontiert, dass er kein Programm mehr für 2010 zu erstellen habe. Es folgte, so Oberender, die mehrfach explizit geäußerte Aufforderung, "bei den Festspielen meinerseits zu kündigen".
Einer vermeintlich entspannteren Phase der Kooperation folgte im September schließlich die endgültige Demontage. In einem auf 28. August datierten, von Flimm und dem kaufmännischen Direktor Gerbert Schweighofer unterzeichneten Schreiben wurde Oberender das Auslaufen des Vertrages zum September 2009 mitgeteilt.
Oberender verweist auf "die faktischen Zusammenhänge": Flimm hatte ihm unterstellt, sich für die 2010 vakant werdende Intendanz in Bochum beworben zu haben. Für das Schauspielprogramm der Festspiele sei damit Gefahr in Verzug. Oberender hingegen beteuert, sich nie aktiv für Bochum beworben zu haben.
Der ins Eck gedrängte Schauspielleiter glaubt, einer Fehleinschätzung aufgesessen zu sein: "Flimm dachte letztlich, meine Anstellung beträfe die eines Dramaturgen, nicht die eines eigenständigen Schauspieldirektors."

Über Flimms Motive will er sich nicht im Detail äußern: "Ich bin quasi am Erfolg gescheitert: Wir hatten im Schauspiel 86 Prozent Auslastung, uns schlug von allen Seiten Anerkennung entgegen."Er bezeichnet die Entwicklung als "sehr schade. Ich hatte die getroffenen Entscheidungen als Interna behandelt - nur um dann vorgeführt zu werden." Im Spiel der Mächtigen? "Sie können mir glauben: Ich habe unter der bigotten Programmbuch-Texterei zuletzt gelitten!" (poh, trenk, APA/DER STANDARD-Printausgabe, 10. Dezember 2008)