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Die Sonderausstellung im NHM "Venus von Willendorf - Rätsel der Steinzeitkunst" samt Plakat-Kampagne versucht diese "Rätsel" in Sexistenmanier zu "lösen".

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Venus von Willendorf, ca. 25.000 Jahre alt

Den halben Sommer über war sie zu sehen. Und leider nicht zu übersehen. Großflächig an jeder Ecke Wiens plakatiert. Seziert. Zersplittert in die für einen weiblichen Körper als maßgeblich erachteten Teile. Brüste, Bauch, Vulva, Po. In Großaufnahme. Die Körperteile mit Symbolen versehen. Markierungen, worauf zu achten ist. Eyecatcher (!), um noch den Dümmsten unter den Dummen den Pfad zu weisen. Wir kennen das leider zur Genüge. Wien und die halbe Welt ist ja voll damit. Auch dann, wenn nicht gerade das "Venus-Jahr" ausgerufen wurde.  

Zu diesem Anlass hat sich das Naturhistorische Museum (NHM) einen Geniestreich der besonders rüden Patriarchenart geleistet. Das hundertjährige Jubiläum der Ausgrabung der Venus von Willendorf wurde mit einer fünfteiligen Werbekampagne so richtig deftig in Szene gesetzt. Der "Wachauer Lockenkopf" auf dem ersten Plakat ungeniert albern betitelt, setzt mit der Unterzeile "Kleine Frau ganz groß" noch eine Diskriminierung drauf.

Bei der "Dicken Fortuna" auf dem zweiten Sujet konnten "20 Venus-Sets" (?) gewonnen werden, beim Plakat "Frauensache(n). Mehr zur Venus einfach aufs Handy" geholt werden. Das ging so: "Einfach eines der gekennzeichneten Details fotografieren und als MMS" an eine bestimme Telefonnummer schicken. Plakat Nummero vier nahm "Österreichs kleinsten Popo" unter die Lupe: "Mit QR-Code mehr darüber erfahren!". Und das fünfte Sujet titelte: "Körpchengröße 15 FF. Noch mehr scharfe Kurven im "Venus Memory", dem kniffligen Handy game - jetzt per Bluetooth!".

Das "Venus-Jahr 2008" ist zwar zu Ende, die Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum jedoch noch bis 1. Februar zu sehen. Und darin wird, wahrscheinlich um das Sexistenmaß der Gesamtpräsentation nicht zu schmälern, die Venus von Willendorf nicht weniger dümmlich und degradierend dargestellt. Wer zum Beispiel wissen möchte, was die Venus bedeutet, kann unter sechs Möglichkeiten auf die Antwort "Steinzeit-Pin-up" tippen.

Nun ist es ja wirklich nichts Neues, dass den Patriarchen kaum etwas heilig ist. Erst recht nicht, wenn es sich um Weiblichkeit handelt. Auch das kennen wir leider zur Genüge. Dass aber bereits eine der ältesten Frauendarstellungen der Welt von voyeuristischen Dummköpfen auf die ihnen scheinbar einzig verständliche Art des primitivsten "peep, peep" dargestellt und somit auf das Gemeinste entweiht wird, darf nicht unwidersprochen bleiben.
(dabu/dieStandard.at, 27.01.2009)