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Während die ältere weibliche Generation im Vergleich zu gleichaltrigen Männern relativ schlecht ausgebildet ist, verhält sich die Situation bei jüngeren Frauen gegenüber jungen Männern genau umgekehrt - das führt laut Experten zu einer Änderung am Arbeitsmarkt, wobei der Anteil erwerbstätiger Frauen durch eine Entscheidung zur Familie "automatisch gesenkt" wird.

Foto: APA/AP/Daniel Roland

New York/Köln - Seit Beginn der Wirtschaftskrise und der rezessiven Entwicklung wächst der Anteil von Frauen im Arbeitsmarkt. Denn die weltweit radikalen Einschnitte bei Arbeitsplätzen betreffen mit überwiegendem Großteil Männer. WirtschaftsexpertInnen rechnen daher damit, dass Frauen Männer am Arbeitsmarkt anteilsmäßig sogar überholen werde, zumindest was die USA anbelangt.

Nicht der Gleichstellung wegen

Grund dafür ist der New York Times zufolge jedoch keine zunehmende Gleichstellung der Geschlechter. Vielmehr tendieren jene Marktsegmente, in denen vorwiegend Männer beschäftigt sind, zu stärkeren Kürzungen als für Frauen "typische" Branchen. Damit einher gehe den Ökonomen nach auch eine neue Rollenverteilung in der Gesellschaft, wonach Frauen künftig mehr Arbeitslast auferlegt werde bzw. sie zunehmend die Rolle des Familienunterhalters einnehmen. An der ungleichen Entlohnung bei gleicher Tätigkeit werde sich zu Ungunsten von Arbeitnehmerinnen vorerst jedoch nichts ändern.

Verschiebung nicht dauerhaft

"In der Tat ist das produzierende Gewerbe, in dem tendenziell mehr Männer beschäftigt sind, konjunkturempfindlicher als das Dienstleistungsgewerbe", erklärt Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte am Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Dass Frauen den Männern angesichts der Verwerfungen im Arbeitsmarkt den Rang ablaufen, könne daher auf die aktuelle Konjunkturlage zutreffen. "Die Verschiebung hält aber nicht dauerhaft an. Mit dem nächsten Aufschwung wird das Verhältnis wieder egalisiert", meint der Experte.

82 Prozent der Kündigungen in den USA fallen auf Männer

Nach Informationen des auf Auslagerungen spezialisierten Unternehmens Challenger, Gray & Christmas ist die Zahl der Kündigungen im Jänner allein in den USA um 45 Prozent auf rund 242.000 explodiert. Dem Center for American Progress zufolge entfallen satte 82 Prozent der derzeitigen Stellenstreichungen auf Männer. Frauen seien hingegen eher in Bereichen tätig, die mehr Zeit für Kindererziehung und Hausarbeit ließen und weniger empfindlich für wirtschaftliche Hochs und Tiefs seien.

Rollenverteilung der Geschlechter ändern sich

Der Drang zur eigenständigen Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich bereits in den vergangenen Jahren verstärkt. Durch die Rezession würden sich nicht nur Haushaltsbudgets und -gewohnheiten, sondern auch die Rollenverteilung der Geschlechter ändern. Der Prozentsatz jener Familien, deren Unterhalt von Frauen bestritten wird, befinde sich in den USA bereits im Steigen. Dem Bureau of Labor Statistics nach entfielen im November des Vorjahres bereits 49,1 Prozent der Jobs auf US-Amerikanerinnen. Im Zuge der weiteren wirtschaftlichen Eintrübung erwarten die Ökonomen gegen Ende 2009 erstmals einen höheren Arbeitsmarktanteil von Frauen.

Weniger Geld für Frauen auch in den USA

Beim Einkommen werden Mitarbeiterinnen im Vergleich zu ihren männlichen Pendants jedoch nach wie vor stark benachteiligt. Jedem von Männern verdienten Dollar sollen trotz gleicher Tätigkeit und Arbeitszeit nur 80 Cent an Einkommen für Frauen gegenüberstehen.

Unaufhaltsame Entwicklung

Auch am europäischen Arbeitsmarkt wird sich einiges tun, weil auf lange Sicht eine neue Rollenverteilung zu erwarten ist: "Während die ältere weibliche Generation im Vergleich zu gleichaltrigen Männern relativ schlecht ausgebildet ist, verhält sich die Situation bei jüngeren Frauen gegenüber jungen Männern genau umgekehrt", erklärt Schäfer. Früher oder später werde daher das Ausmaß erwerbstätiger Frauen jenes der Männer übersteigen. Allerdings stehe die Entwicklung dabei nicht nur unter dem Einfluss des Faktors Qualifikation. "So wird der Anteil erwerbstätiger Frauen durch andere Faktoren wie der möglichen Entscheidung zur Familie automatisch gesenkt", schließt Schäfer. (pte)