Innsbruck - Laut einer aktuellen Studie der Arbeiterkammer Tirol (AK Tirol) gibt es in der Sparte Handel nach wie vor viele Verbesserungsmöglichkeiten. Unter anderem würden nur bei 60 Prozent von 500 telefonisch befragten ArbeitnehmerInnen in Tirol die Vor- und Abschlussarbeiten überhaupt zur Arbeitszeit gerechnet werden. 

Gratisarbeit und atypische Beschäftigung

"Das heißt, dass bei rund einem Drittel diese Arbeit gesetzwidrig als reine Gratisarbeit betrachtet wird", kritisierte Thomas Radner, Leiter der Arbeitsrechtlichen Abteilung der AK, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. "Es gibt zwar im Bereich der Überstunden klare gesetzliche Bestimmungen, dennoch müssen offenbar viele Überstunden gratis geleistet werden", sagte Radner. Jede/r Zwanzigste bekomme die geleisteten Überstunden überhaupt nicht bezahlt. Rund ein Drittel jener, deren Überstunden abgegolten werden, geben an, dass ihnen keine Zuschläge berechnet würden.

Obwohl die generelle Zufriedenheit unter den ArbeitnehmerInnen "überraschend positiv" ausgefallen sei, gebe es einige verbesserungswürdige Aspekte, betonte AK-Präsident Erwin Zangerl (AAB). Unter anderem hätten 22 Prozent keinen Arbeitsvertrag, 39 Prozent würden lediglich den kollektivvertraglich festgesetzten Mindestlohn erhalten und knapp jede/r Zweite bekomme Überstunden nicht ausbezahlt, sondern nur Zeitausgleich. "Bei der Frage nach Verbesserungswünschen votierten 30 Prozent für eine bessere Bezahlung, 21 Prozent für günstigere Arbeitszeiten", schilderte Zangerl.

Atypische Beschäftigung werde für immer mehr ArbeitnehmerInnen im Bereich Handel zum Dauerzustand. Insbesondere Frauen seien überdurchschnittlich stark davon betroffen. Fast jede Zweite arbeite aufgrund familiärer Verpflichtungen Teilzeit.

Über Rechte informieren

Österreichweit betrage das durchschnittliche Bruttoentgelt im Handel 28.088 Euro (Basis von Arbeitsverhältnissen im Jahr 2005, Anm.). Der Tirolwert von 24.577 Euro sei der viertniedrigste aller Bundesländer und liege 12,2 Prozent unter dem Bundesländerdurchschnitt. "Wir wollen mit dieser Studie Aufklärungsarbeit leisten", sagte Zangerl.

Gerade im Bereich der Abschlussarbeit müssten viele DienstnehmerInnen informiert und aufgeklärt werden darüber, dass sie diese nicht gratis zu leisten haben. Der Handel habe in Tirol zwischen 1995 und 2005 mit 31 Prozent die zweithöchste Produktivitätssteigerung aller Bundesländer verzeichnet. "Jetzt ist es an der Zeit, dass die Lebenssituation der Angestellten verbessert wird", argumentierte der AK-Präsident. 

Zwei Drittel der Beschäftigten Frauen

Der Handel zählt zu den größten Arbeitgebern in Tirol. Im Jahr 2008 wurden laut AK Tirol 5.703 Handelsbetriebe mit 50.574 unselbstständig Beschäftigten gezählt. Davon seien 3.283 geringfügig beschäftigt gewesen. Österreichweit zähle der Handel rund 520.000 Beschäftigte. Davon seien mehr als zwei Drittel Frauen. (APA)