Siemenschefin Ederer sieht Frauen als eindeutigen Kompetenzgewinn im Unternehmen

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Noch immer ist nur jede/r fünfte WissenschafterIn in Österreich eine Frau und das obwohl es dem Land generell an TechnikerInnen, IngenieurInnen und ForscherInnen mangelt. Die Initiative FEMtech will das ändern - gleichzeitig ist das Diversity-Thema "Frauenförderung" gut fürs Image und die Corporate Identity.

Teil der Unternehmenskultur

Zwei Unternehmen, die Frauenförderung auch ganz oben an der Spitze leben, sind Microsoft und Siemens Österreich. "Siemens sieht Diversity eindeutig als Stärke an. Es geht daher weder um Image noch um MitarbeiterInnenbindung, sondern wir wollen mehr Frauen im Unternehmen, weil wir weibliche Qualitäten und Kompetenzen brauchen", sagt Brigitte Ederer, Vorsitzende des Vorstands der Siemens AG Österreich. Seit 1977 werden zahlreiche junge Frauen in klassischen "Männerberufen" ausgebildet - meist als Informations- oder Kommunikationstechnikerinnen. Der gesamte Frauenanteil beträgt bei Siemens Österreich etwa 20 Prozent, rund 680 Frauen arbeiten in technischen Berufen. Bereits zum achten Mal unterstützt das Unternehmen heuer den Töchtertag. "Wir setzen uns aktiv für die Förderung von Lebensentwürfen jenseits festgefahrener Rollenklischees ein", sieht Ederer die Mission.

Auch bei Microsoft Österreich ist Karriereförderung für Frauen schon lange Thema - ein Engagement das das Unternehmen auch in der Öffentlichkeit als guten Arbeitgeber positioniert. Jeder dritte neue Arbeitnehmer sei mittlerweile eine Frau. Im Rahmen des Wettbewerbs "Österreichs Beste Arbeitgeber" freut man sich auch dieses Jahr wieder über die Auszeichnung "Bester Arbeitgeber für Frauen". Umfangreiche Bemühungen und Initiativen im Bereich Human Ressources haben bei Microsoft Tradition. Für die neue Geschäftsführerin Petra Jenner bestätigt die Auszeichnung "den eingeschlagenen Diversity-Kurs und ist Ansporn, diese Bemühungen weiter auszubauen".

Vorteile für das Unternehmen

"Mädchen und junge Frauen verfügen meist über Geschick, Kreativität und hohe Eigeninitiative, was ideale Voraussetzungen für technische Berufe sind", weiß Brigitte Ederer über das weibliche Potenzial. Wichtig sei, dass Frauen den Mut haben sich sichtbar zu machen sowie beharrlich und selbstbewusst ihren eigenen Weg zu finden. Kooperationen mit der TU einschließlich besonderer Mentoringprogramme für technische Dissertantinnen und Initiativen wurden dafür ins Leben gerufen.

Vereinbarkeit und Bewusstseinbildung als Parallelthemen

Frauenförderung geht aber traditionellerweise auch Hand in Hand mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Bewusstseinsbildung im Unternehmen, weil die Betreuung von Kindern in unserer Gesellschaft noch immer zum Gutteil der Frau obliegt. Nicht einmal vier Prozent aller Männer gehen in Österreich in Karenz. Dafür gebe es bei Siemens beispielsweise flexible Arbeitszeiten und Betriebskindergärten. Im Recruiting lege man bei Assessmentcentern Wert auf Ausgewogenheit der Geschlechter. Microsoft Österreich setzt im Human Ressources Management zusätzlich auf Mentoring Veranstaltungen, individuelle Coachings und Bewusstseinsbildung in Form von Diskussionsrunden zum Thema Diversity. Im Rahmen eines eigenen Diversity-Boards treffen sich Mitglieder der Geschäftsleitung und des HR-Bereichs quartalsweise, um dem Thema Chancengleichheit Raum zu geben, bestehende Maßnahmen zu prüfen und neue Aktivitäten zu besprechen.

"Langfristig nicht leistbar"

Microsoft und Siemens mögen Vorzeigeunternehmen sein - Robert Lichtner vom FEMtech Kompetenzzentrum ortet aber großen Verbesserungsbedarf in der österreichschen Karrierelandschaft: "Frauen reüssieren auf der Karriereleiter nur langsam und der Frauenanteil nimmt mit steigender Hierarchie kontinuierlich ab." Der aktuelle EU-Genderbericht gibt ihm Recht: die Zahl der weiblichen Führungskräfte hat von 2001 bis 2006 in Österreich sogar um zwei Prozent abgenommen. Frauenförderung sei noch immer kein systematisches Instrument der Personalentwicklung in den F&E Unternehmen (Forschung und Entwicklung). Damit verliere die Wirtschaft gut ausgebildete Personen - "langfristig nicht leistbar", meint Lichtner.

Konkretes Förderprogramm

Um diesen Bedarf an ForscherInnen und ExpertInnen im FTI Bereich zukünftig decken zu können, strebt das Programm FEMtech - ein Programm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) zur Förderung von Frauen in Forschung und Technologie - mehr Chancengleichheit und die Stärkung der Präsenz von Frauen in Forschung, Technologie und Innovation (FTI) sowie eine angemessen Beteiligung von Frauen in Führungspositionen an. Das Programm setzt an verschiedenen Schnittstellen im Karriereverlauf von Frauen an und gibt Förderungsgelder für Unternehmen, außeruniversitäre Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen. Besonders für den Berufseinstieg ist die neue Förderprogrammlinie FEMtech Karrierewege gedacht, sie wurde gemeinsam mit der Industriellenvereinigung, österreichischen Unternehmen, Universitäten und Ausbildungseinrichtungen entwickelt.

Kleine Fortschritte

Es gibt aber auch Positives zu beobachten: der Anteil an Frauen ist im Life Science Bereich mit 30 bis 40 Prozent am höchsten. Zwischen 1998 und 2006 ist die Zahl der in F&E beschäftigten Wissenschafterinnen jährlich durchschnittlich um fast 13 Prozent gewachsen - das Wachstum bei den Männern hat nur bei etwas über fünf Prozent betragen. Der Frauenanteil konnte sich deshalb von 14 auf 19,4 Prozent beim wissenschaftlichen Personal ausweiten, so Zahlen von FEMtech. Ein weiterer kleiner Erfolg: der Frauenanteil bei den Nachwuchswissenschaftern ist mit 34,5 Prozent bei den DiplomandInnen und DissertantInnen vergleichsweise hoch. Lichtner ortet auch ein gesteigertes Gender-Bewusstsein in der F&E-Community.

Noch viel zu tun

Gesamt gesehen seien die Aktivitäten aller Branchen in dem Bereich aber noch viel zu wenig. "Frauenförderung passiert dann, wenn die Unternehmensleitung offen dafür ist und sich engagierte Frauen und Männer in der Personalabteilungen finden, die das Thema aufgreifen", führt Lichtner aus. Angesetzt werden müsse vor allem noch bei den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen - Veränderung der Geschlechterstereotypen, bei der Arbeitskultur in Wissenschaft und Technik, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Mehr weibliche „role models" würden Vorbildwirkung bringen und zudem brauche es noch eine bessere Vernetzung weiblicher Wissenschafter, mehr Frauen in Gremien und Beiräten und Mentoring-Programme. Ganz wichtig sei auch die Förderung von Nachwuchswissenschafterinnen und Frauen in Führungspositionen. (mat, derStandard.at, 31.3.2009)