Wien - Er war einer der Erfolgsromane der vergangenen Jahre: Daniel Glattauers "Gut gegen Nordwind", 2006 erschienen, hat sich bis dato 450.000 Mal verkauft. Kurze Zeit nachdem der Autor dem Buch eine Fortsetzung ("Alle sieben Wellen") folgen ließ, hat am Donnerstag (7. Mai) die Bühnenfassung des ersten Teils Uraufführung in den Wiener Kammerspielen. Michael Kreihsl inszeniert, Ruth Brauer-Kvam und Alexander Pschill spielen Emmi Rothner und Leo Leike, jene beiden E-Mail-Fanatiker, die vor dem Alltag in den geschützten Raum der virtuellen Welt fliehen und mit denen Hunderttausende Leser bei einer kurzweiligen Lektüre mitgefiebert haben.

Emmi und Leo

Der Roman ist in Form von E-Mails verfasst, durch Zufall kommen Emmi und Leo miteinander in Kontakt, bald finden sie Gefallen aneinander. Obwohl Emmi immer wieder darauf pocht, das eigene Privatleben aus ihrer Kommunikation draußen zu lassen, werden die beiden Protagonisten schneller, als sie geglaubt haben, zum unverzichtbaren Teil des Alltag des anderen, werden Sehnsuchtsfiguren - und es stellt sich die Frage, ob man einander treffen soll. Glattauers Buch ist auch gekennzeichnet von Missverständnissen, die ein reines Kommunizieren über E-Mail bedingt.

Bühnenfassung

Die Fassung für die Wiener Kammerspiele, die sehr nah am Roman bleibt und große Teile des Buchtexts wortwörtlich übernimmt, hat der Autor gemeinsam mit Dramaturgin Ulrike Zemme verfasst. "Ich habe gekürzt, gekürzt, gekürzt. Frau Zemme hat gestrafft, dramaturgisiert und ein bisschen umgestellt", beschreibt Glattauer per E-Mail die Arbeit an der Bühnenfassung, "Mit dem Text bin ich glücklich." Die Inszenierung überlasse er ganz Regisseur Michael Kreihsl und den beiden Darstellern: "Sie haben mein vollstes Vertrauen. Jetzt schauen wir, was rauskommt. Auch ich werde mich bei der Premiere überraschen lassen."

Sehnsuchtsraum E-Mail

Wie kann man sich E-Mails auf der Bühne aber nun vorstellen? Regisseur Michael Kreihsl: "Wir kleben nicht an den Monitoren, sondern setzen darauf, die Zuschauer schnell in einen Sehnsuchtsraum zu ziehen, in dem sie sich wiederfinden. Alles andere wäre vielleicht bald langweilig", gibt er zu bedenken und fügt hinzu: "Ich hoffe, dass man die E-Mails schnell vergisst, denn es geht vielmehr um die Abhängigkeiten zweier Menschen von einander."

Kreihsl sieht sich im Fall dieser Inszenierung noch mehr als sonst als "Dirigent gegenüber der Partitur. Der Abend muss auch jenen, die das Buch nicht gelesen haben, etwas sagen können über Abhängigkeiten, Absurditäten und Suchtverhalten, die entstehen, wenn man ausschließlich innerhalb einer E-Mail-Welt miteinander kommuniziert, um Nähe zu suchen."

Erwartungshaltungen

Bei einem derartigen Bucherfolg wie "Gut gegen Nordwind" ist die Erwartungshaltung gegenüber einer Theaterfassung wohl groß. Auf die Frage, wie er damit umgehe, meint Kreihsl: "Ich gehe gar nicht damit um. Man könnte meinen: Das ist ohnehin ein Himmelfahrtskommando, denn es werden alle, die das Buch gelesen haben, den Abend mit ihren eigenen Fantasievorstellungen vergleichen. Aber wir erzählen ja nicht das Buch nach, sondern versuchen eine Transformation in ein anderes Medium." (APA)