Ein Autobus voller grüner Blogger? Bis 15. Juni kann man sich noch als grüner Vorwähler registrieren lassen.

foto: derStandard.at/eder

Unter der Decke der Wiener Grünen brodelt es. Wie berichtet formierte sich vor wenigen Wochen im Internet die Initiative Grüne Vorwahlen. Das Ziel ist es, die Kandidatenauswahl der Grünen im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahlen nicht der Parteipolitik zu überlassen. Laut Statut der Wiener Grünen sind bei der Listenerstellung nicht nur Parteimitglieder, sondern auch sonstige "Unterstützerinnen und Unterstützer" wahlberechtigt, wenn sie sich als Vorwähler registrieren lassen.

Doch seitens der Grünen findet die gebündelte Rekrutierung der UnterstützerInnen im Internet nur bedingt Zuspruch, obwohl von offizieller Seite beteuert wird, dass man das Projekt begrüße. Und auch in der entsprechenden Facebook-Gruppe scheinen einige hochrangige FunktionärInnen als Unterstützer auf, etwa Christoph Chorherr oder die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou.

Viele Bezirksräte fühlen sich aber bedroht. Unter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass man gekränkt sei, weil sich "ein paar selbstverliebte Blogger" im Internet über die "altmodische Arbeitsweisen" der Bezirksräte aufregen. Man müsse sich anhören, dass man "zu blöd" zum Bloggen sei, dabei hätten die Blogger "überhaupt keine Ahnung von der richtigen Politik".

"Autobus-Demokratie"

Nicht ganz so drastisch sieht das Adi Hasch, grüner Bezirksvorsteher-Stellvertreter im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Hasch sagt, er selbst habe relativ spät davon erfahren, "dass da was im Busch ist". Er findet es prinzipiell aber gut, dass sich Leute für die Grünen engagieren wollen. Hasch fürchtet sich aber vor einer "Autobus-Demokratie", wie er sagt. "Ich halte die Aktion für nicht besonders geschickt", sagt er im Gespräch mit derStandard.at

Er befürchtet, dass für viele der Blogger die grüne Politik gar nicht interessant sei, sondern, dass im Vordergrund stünde, "irgendjemanden pushen" zu wollen. Generell findet er es gut, die Basis mitentscheiden zu lassen. Er wäre aber dafür, dass die Blogger zwar eine Vorauswahl treffen können, die Letztentscheidung solle aber bei den grünen FunktionärInnen liegen. Schließlich seien das diejenigen, die "auf der Straße stehen, die regelmäßige Arbeit machen und in den Gemeindebau gehen, um mit den Menschen zu reden". Und die Funktionäre sollten "sich schon mit dem Spitzenkandidaten identifizieren können".

"Ho-Ruck-Partie"

Hasch bezeichnet die Blogger-Initiative als "Ho-Ruck-Partie": "Solche Bewegungen entstehen vor einer Wahl immer wieder." Die Grünen seien die einzige Partei, "wo mehrere was mitzureden haben". Das sei zwar eigentlich ein Vorteil, "mit dem wir aber umgehen lernen müssen."

An sich, erzählt Hasch, ist die "Autobus-Demokratie" bei den Grünen ja nichts neues. Vor sieben Jahren, bei der Wahl Stefan Schennachs zum Bundesrat, sei auch schon ein Autobus voller Unterstützer angekarrt worden. "Dem Stefan ist da nichts vorzuwerfen", sagt Hasch. Die Bestimmungen seien mittlerweile ohnehin entschärft worden. Früher habe es gereicht, sich fünf Minuten vor der Wahl als Unterstützer registrieren zu lassen. Nun müsse das immerhin ein paar Monate im Vorhinein passieren. (rwh, derStandard.at, 7.5.2009)