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Voves fordert von der SPÖ in Sachen Vermögenssteuer eine "Neupositionierung".

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Wien - Die SPÖ will heute über mögliche Konsequenzen aus dem desaströsen Ergebnis bei der EU-Wahl beraten. Entscheidungen über personelle Veränderungen sind bei den Sitzungen des Präsidiums und des Bundesparteivorstandes nicht zu erwarten. Eine für 13 Uhr angesetzt Pressekonferenz wurde verschoben. Frühestens sei nun mit einem Pressestatement um 13.30 Uhr zu rechnen, hieß es. Die Pressekonferenz wurde nun abgesagt, Bundeskanzler Werner Faymann wird ein kurzes Statement vor der SPÖ-Zentrale abgeben.

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Der Kanzler wirkt unrund. Die Gesten sind verkrampft, die Hände etwas zittrig. Das latente Lächeln, das sonst kaum aus seinem Gesicht weicht, ist verflogen.

Aber auf Tauchstation, wie am bitteren Wahlabend vom Sonntag, ist Werner Faymann diesmal nicht. Während Vizekanzler Josef Pröll im Ausland weilt, referiert der angeschlagene rote Regierungschef nach dem Ministerrat solo die wöchentlichen Agenden seiner Koalition. Erst beim vierten Punkt auf der Liste taut Faymann auf: Er darf verkünden, dass Österreich laut globaler Hitliste das fünftfriedlichste Land der Erde ist.

Die gute Nachricht liefert das Stichwort für die unerfreulicheren Themen. Denn Frieden gibt es manchem Sozialdemokraten schon viel zu viel, und zwar in der Koalition mit der ÖVP. Namhafte SPÖ-Politiker fordern, dass Faymann und Co in der Regierung rote Anliegen kraftvoller durchsetzen. Am konkretesten sagt der steirische Landeshauptmann Franz Voves, was er will: Eine "Neupositionierung" der SPÖ bis Oktober, vor allem in der Steuerpolitik. Voves verlangt die Einführung höherer Steuern auf Vermögen, als Maßstab nimmt er ein Konzept der Gewerkschaft der Privatangestellten (siehe Artikel rechts), das die steirische SPÖ adaptieren und als offizielles Modell übernehmen wird.

Die Antwort des Kanzler läuft allerdings auf eine Absage hinaus: "Ich bin keiner, der am Montag nach einem schlechten Wahlergebnis die Linie wechselt." Er sei zwar für eine gerechte Steuerpolitik, sagt Faymann, aber - anders als von Voves gefordert - auch gegen eine Wiedereinführung von Erbschafts- und Schenkungssteuer. Eine internationale Spekulationssteuer würde er gerne noch in der laufenden Regierungsperiode beschließen, eine Vermögenszuwachssteuer für Finanzprodukte "lieber früher als später". Darauf, ob er Letztere noch mit der aktuellen Koalition durchsetzen wolle, legt sich Faymann aber nicht fest.

Die SP-Minister verteidigen ihren Parteichef, und auch in der ÖVP hört man Faymanns Worte gern. Von Vermögenssteuern stehe nichts im Regierungsprogramm, sagt Klubobmann Karlheinz Kopf: "Ich wüsste nicht, warum man daran etwas ändern sollte."

Wiens Bürgermeister Michael Häupl rückte am Dienstag ebenfalls zur Verteidigung Faymanns aus. Für "völlig überflüssig" hält er das "Gerede von einem Kurswechsel". Die Debatte über Vermögenssteuern habe man ja bereits geführt und eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Für Frustration, sagte Häupl in Richtung Graz, habe er zwar Verständnis. "Aber ein professioneller Politiker sollte das weniger vordergründig ausleben."

Voves im "Krone"-Visier

Mit seinem forschen Auftreten handelte sich Voves nicht nur Kritik von Häupl ein: Die steirische Ausgabe der Kronen Zeitung fährt - gemeinsam mit der Landes-VP - Frontalattacken gegen ihn. Die Zeitung widmete Voves zuletzt vernichtende Aufmacher, in denen ihm vor allem die SPÖ-Stiftung vorgeworfen wurde.

In der SPÖ werden bereits starke Bedenken geäußert, ob Voves die Landtagswahl 2010 und die Verteidigung des Landeshauptmannsessels gegen die Kronen Zeitung und die ebenfalls ihm kritisch gegenüberstehende Kleine Zeitung erfolgreich durchstehen könne. Voves zeigte sich aber bisher unbeeindruckt und fährt mit seiner Kritik an der Krone, die durch ihre massive Einmischung in die Politik einen demokratiegefährdenden Faktor darstelle, fort.

Vorwürfe an Voves kommen aber auch aus den eigenen Reihen. Die acht steirischen SPÖ-Nationalratsabgeordneten richteten an ihn einen Brief mit der Bitte um Aussprache. Sie dementierten zwar einen Bericht der Krone, wonach eine Revolte im Gange sei, ein Parlamentarier bestätigt aber im Gespräch mit dem Standard einen ernstzunehmenden Konflikt. Man fühle sich von Voves übergangen und nicht eingebunden: "Wenn der Landeshauptmann Initiativen plant, die nur im Bund zu lösen sind, wie zum Beispiel die Vermögenssteuer, wäre es halt gescheit, wenn wir vorher darüber reden würden. So erfahren wir vieles erst durch die Medien." Sie fühlten sich durch die Voves-Ausritte im Parlament als "Wilde hinterm Semmering" behandelt und säßen nun zwischen zwei Stühlen. Das sei "alles net lustig". (Andrea Heigl, Gerald John und Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 10.6.2009)