Alles bereit machen zum Abflug: Wissenschaftsminister Johannes Hahn ist mit dem Uni-Gesetz startklar. Die Torte - ein "Geschenk" von Studierenden beim Standard-Montagsgespräch - fliegt nicht mit.

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Wien - Sie thronte den ganzen Abend auf dem Beistelltischchen: die Torte zum Tag. Die Torte zum Standard-Montagsgespräch. Also die Torte zum novellierten Uni-Gesetz (UG), denn dieses war das Thema der Diskussion. Ein Student hatte das Creme-Ding überraschend und wortlos im Haus der Musik platziert und als "flugbereit" deklariert. Das Schild fiel dann zwar irgendwann um, aber mehr hatte das Backwerk offenbar ohnehin nicht zu erfüllen. Denn: Getortet wurde niemand.

Auch nicht Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP), dessen legistischer Wurf bei einem Teil der anwesenden Studierenden auf wenig Gegenliebe stieß, was diese auch auf Transparenten kundtaten. Bei seinen Kollegen im Ministerrat fand Hahn am Dienstag dagegen geschlossene Zustimmung für die UG-Novelle.

Ansonsten bestimmte der Standort den Standpunkt. Der Minister war als Minister natürlich überzeugt von der "zeitgemäßen Weiterentwicklung" des Uni-Gesetzes (Details unten), mit dem seine Vorgängerin Elisabeth Gehrer die Unis in die Autonomie entlassen hat. Mit der Novelle könnten "die Unis weiter international attraktiv sein" , so Hahn, der das "hohe Maß an Selbstverwaltung" stärken wollte.

Karlheinz Töchterle hatte zwei Herzen und damit zwei Standpunkte in seiner Brust: Als Rektor der Uni Innsbruck hätte er gern mehr von der versprochenen Autonomie bekommen. Aber dem Professor für Altphilologie in ihm war klar, dass Autonomie, "verstanden als Selbstbestimmung aus der Uni selbst heraus" eine "Stärkung des Senats" bedeuten hätte müssen. Und die war offenkundig nicht die Intention der Reformer: "Beim Senat sehe ich eher eine Schwächung" - im Gegensatz zum Uni-Rat: "Es gibt eine eindeutige Tendenz, dass zu ihm einige Kompetenzen hingehen" , so Töchterle. So darf das extern besetzte Gremium künftig Arbeitsverträge abschließen.

Da war es an Gerhard Riemer als Industrievertreter, ein Plädoyer für den Uni-Rat zu halten, den er zu den Gutpunkten der Novelle zählt. Der Bereichsleiter für Bildung, Innovation und Forschung in der Industriellenvereinigung (IV) betonte die Bedeutung der "externen Expertise und internationalen Erfahrung der Uni-Räte" , die im Hinblick auf die Internationalisierung der Unis besonders wertvoll sei.

Ein Schlechtpunkt aus Riemers Sicht ist der Umgang mit den "im wesentlichen offenen Unis" bei knappen Budgets. Er setzt Hoffnungen in die neue Studieneingangsphase und das dreijährige Bachelor-Studium: "Es darf nicht sein, dass unsere Absolventen noch länger studieren und noch später in den Beruf einsteigen." Das war der Punkt, an dem der IV-Mann fast zwangsläufig mit Sigrid Maurer von den Grünen und Alternativen StudentInnen (Gras) kollidieren musste. Denn sie verlangt von den Unis in erster Linie nicht die Erzeugung von Beschäftigungsfähigkeit sondern: "Eigentlich geht es bei den Unis darum, gesellschaftlich etwas weiterzubringen. Es braucht eine klare Befürwortung von ,Bildung für alle‘."

Die Grüne fordert nicht nur mehr Geld für die Unis und mehr Studienplätze, sondern auch "bessere Studienvorbereitung und einen höheren Stellenwert für die Lehre anstatt neue Schikanen gegen die Studierenden, wie es die geplante Studieneingangsphase ist" .

Diese - von Hahn als Mittel für eine "größere Sicherheit bei der Auswahl des Studiums" vorgestellt - würde aus Maurers Sicht nur zu "Staus und Studienverzögerungen führen" , dann etwa, wenn nicht genügend Prüfungstermine angeboten würden. Die noch größere Gefahr aber sei, dass "die Unis die Eingangsphase als Möglichkeit zum Knock-out bieten" , kritisierte die grüne Studentin, die Hahn mangelnde Kommunikation in Sachen UG-Novelle vorwarf.

Ein Punkt, in dem sich Ex-SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal, der das UG mitverhandelt hat, schützend vor den Minister stellte: "Das Wissen um diese Novelle war sehr gut verbreitet." Und: Im Gesetz stehe extra, dass es nach der Eingangsphase "zu keiner Verengung des Angebots kommen darf" .

Und da war noch was - die Quote! Auf die Hahn und Broukal so stolz sind, über die Maurer so erfreut ist, aber die Töchterle - dem Rektor, nicht dem Professor - so große Sorgen bereitet, weil er etwa bei Berufungs- und Habilitationskommissionen "große Probleme" kommen sieht. Denn künftig müssen in allen Uni-Gremien 40 Prozent Frauen sitzen.

Das heißt, explizierte Töchterle für ein Drei-Personen-Rektorat: Wenn ein Mann der Rektor ist (was derzeit in 21 von 21 Unis der Fall ist), dann muss er zwei Vizerektorinnen haben, um die Quote zu erfüllen. Broukals Konter: "Das Leben ist hart. Tut mir leid, wenn Sie mit zwei Vizerektorinnen leben müssen. Wie viele Jahre musste eine Frau alleine drin sitzen?" (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD-Printausgabe, 17. Juni 2009)