Nationalratspräsidentin Barbara Prammer möchte die Rechtslücke schließen, wonach Handys von Abgeordneten überwacht werden können, wenn diese in Justizfällen Zeugen sind.
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Standard: Vonseiten des BZÖ gibt es schwere Vorwürfe: Das Handy von Peter Westenthaler wurde vom Büro für interne Angelegenheiten (BIA) überwacht. In einem Fall, wo er Zeuge und nicht Beschuldigter war. Gibt es dafür eine Rechtsgrundlage?

Prammer: Ich habe in einem Brief an die Justiz- und Innenministerin bereits Aufklärung gefordert. Es geht mir nicht nur um den konkreten Fall Westenthaler. Ich möchte wissen: Inwieweit hätte das andere Abgeordnete treffen können oder hat es sie schon getroffen? Ist das eine Systemangelegenheit? Parallel dazu lasse ich das intern rechtlich prüfen. So wie es aber aussieht, sind Abgeordnete als Zeugen nicht immun.

Standard: Und ist das tragbar?

Prammer: Das ist nicht tragbar. Es gibt auch schon Signale von allen Parteien, dass man das ändern würde. Die Frage ist: Wie groß ist der Spielraum der Behörden, jemanden als Zeugen einzuvernehmen? Da könnte man schon ein bisschen spielen mit dem Ganzen. Das sollte nicht der Fall sein, daher gehört es genau geregelt.

Standard: Was hat man als an sich immuner Politiker für ein Gefühl, wenn man hört, dass das Überwachen des Telefons möglich ist?

Prammer: Es erzeugt Unruhe - wirklich bei allen Abgeordneten.

Standard: Erst am Mittwoch wurde als Nachfolger des BIA das neue Anti-Korruptions-Amt beschlossen. Hätte man es weisungsfrei stellen sollen oder würde das den Spielraum der Behörde nur vergrößern?

Prammer: Wir werden sehen, ob die Erwartungshaltungen an die neue Behörde erfüllt werden. Aber natürlich wäre die Weisungsfreiheit enorm wichtig.

Standard: Nach anfänglichem Zögern haben sich SPÖund ÖVP doch entschlossen, die Abgeordneten ins neue Antikorruptionsrecht aufzunehmen - aber nur eingeschränkt. Wieso kann bei Politikern nicht jede Art der Bestechung strafbar sein?

Prammer: Aber das ist sie ja.

Standard: Das sehen Experten zum Teil anders.

Prammer: Es stimmt, da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Tatsache ist, dass Abgeordnete jetzt in die Definition des "Amtsträgers" einbezogen sind. Damit fallen sie unter das Antikorruptionsgesetz. Richtig ist auch, dass nur "pflichtwidriges" Verhalten strafbar ist. Es gibt im Übrigen gar nicht so wenige Abgeordnete, die ohnedies schon längst voll unter dieses Recht fallen, weil sie Bürgermeister sind.

Standard: Die Grünen wenden ein, es sei auch nicht strafbar, wenn man Geld nimmt, um in einem U-Ausschuss Fragen zu unterlassen, die zur Aufklärung beitragen könnten.

Prammer: Genau dort ist das Gegenteil der Fall. Das politische Agieren von freien Mandataren kann nicht Gegenstand des Strafgesetzes sein. Der U-Ausschuss ist ein gutes Beispiel, gerade hier geht es um Kontrollrechte. Da kann ein Abgeordneter tun und lassen, was er will. Es ist seine politische Verantwortung, welche Fragen er stellt oder nicht.

Standard: Gab es schon mal ein unmoralisches Angebot von Lobbyisten an Sie?

Prammer: Unmoralisch ist die Frage. Aber dass Lobbyisten enorm intensiv sein können, das erlebt man in der Exekutivfunktion immer. Man muss auch unterscheiden, ob es jemand einmal oder immer wieder probiert. Es ist legitim, wenn jemand Wünsche formuliert. Es ist mir aber zutiefst zuwider, wenn jemand die Grenze nicht ziehen kann, wenn jemand nicht erkennt, wo ein Punkt gesetzt gehört.

Standard: Das würde aber dafür sprechen, das Delikt des Anfütterns, also das Gewähren von regelmäßigen kleinen Geschenken, nicht zu entschärfen.

Prammer: Das halte ich für ein Gerücht, dass man wegen kleiner Geschenke Gefälligkeiten macht.

Standard: Auf der anderen Seite hat man in England gerade gesehen, dass Abgeordnete sehr dubiose Dinge als Spesen abgerechnet haben. Also nur auf das Gute zu vertrauen ist vielleicht auch nicht richtig.

Prammer: Da haben Sie recht. Darum haben wir eine Regelung, wo äußerst genau geprüft wird, was abgerechnet werden kann. Sie können mir glauben: Nicht selten kommen zu den Abgeordneten Rechnungen zurück. Das wird pingeligst abgerechnet und auch vom Rechnungshof geprüft.

Standard: Die Opposition verknüpft ihre Zustimmung zur Reform des Bankengeheimnis an stärkere Kontrollrechte. Ist das legitim?

Prammer: Basar sind wir keiner. Aber dass die Opposition umgekehrt sagt, jetzt diskutieren wir auch mal unsere Punkte, verstehe ich auch. Das halte ich für legitim. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 10.7.2009)