"Is You Me"

Foto: Sommerszene Salzburg / Andre Cornelier

Salzburg - Eine Kultur, die ihren Inhalten misstraut, braucht viele Formen und Idole. Ihre Celebrities müssen gar nichts mehr transportieren, sondern nur noch repräsentieren. Ihre Verwalter und Lenker sollten Schauspieler sein oder Supernannys aus dem Showbiz. Auf derlei gespenstische Blähungen der Politperformance spielen immer wieder Arbeiten aus dem zeitgenössischen Tanz an.

So auch der renommierte Choreograf Benoît Lachambre und der einstige La La La Human Steps-Superstar Louise Lecavalier aus Kanada, gemeinsam mit dem bildenden Künstler Laurent Goldring und dem Musiker Hahn Rowe in ihrer neuen Kooperation Is You Me.

Lecavalier und Lachambre sind große Namen. Doch ihr Auftritt ähnelt dem Erscheinen von Gespenstern, die erst als Schatten, dann als mit Kapuzenshirts Vermummte stumm auf der Bühne wabern. Diese besteht aus einer breiten weißen Leinwand, vor die eine keilförmig ansteigende Rampe gebaut ist. Hinter dieser können die Tänzer sich verstecken und wie Handpuppen auftauchen.

Der Künstler und der Musiker sitzen seitlich vor der Bühne an ihren Computern und choreografieren Linien und Flächen aus Farben (Goldring) und Klängen (Rowe). Lachambre und Lecavalier werden von auf die Bühne projizierten Spuren virtueller Pinsel zugemalt und vom Tanz der Klänge überdeckt. So sind sie zwar präsent, versinken aber stets aufs Neue in den Gesten des Zeichners. Meist sind die Tänzer vom Publikum abgewendet, häufig halb versteckt, und ihre Körper scheinen sich miteinander zu vermischen.

Einmal, etwa in der Mitte des Stücks, verändert sich die Projektion von der prozesshaften gestischen Grafik in eine Videoaufnahme: Regen prasselt gegen die Frontscheibe eines fahrenden Autos. Die Gestalten der Performer scheinen wie große Fliegen innen am Glas zu kleben. Man ist versucht, sie zu verscheuchen.

In dem Stück wird also mit dem drohenden Verschwinden der Tänzer gearbeitet, das wie der Versuch aussieht, Lecavaliers und Lachambres Körper mit ihrer Umgebung verschmelzen zu lassen. Und mit der Lästigkeit, zu der Tänzer werden, wenn sie den Blick vom Gewohnten ablenken.

Is You Me kommt als einfache Struktur daher, konfrontiert aber auf den zweiten Blick mit direkten Fragen an das Verständnis von Prominenz und Präsenz in unserer Gesellschaft, an das Überschätzen von Darstellergrößen und an die Angst, in Austauschbarkeit und Verwechselbarkeit zu versinken.

Das Publikum im vollen Saal des Republic der Sommerszene quittierte diese leichte und intelligente Performance, die Mitte August auch bei Impulstanz zu sehen sein wird, mit jubelndem Applaus. (Helmut Ploebst / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.7.2009)