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Bei "0ben ohne" trennen sich nach wie vor die Geister.

Foto: Reuters

Pro+++

Wer hätte das gedacht! Jetzt gehöre ich also einer aussterbenden Spezies an. "Oben ohne" Sonnenbaden ist nämlich out, entnehme ich einem brandneuen Bericht aus "Le Parisien". Zumindest an den Stränden Frankreichs würden nur mehr die über 40-Jährigen ihre Brüste entblößen. Aha! Neu kann diese Art der Prüderie aber nicht sein. Schon seit Jahren beobachte ich, dass der Konservativismus sich in die kleinsten Nischen des sogenannten Privaten ausbreitet. Es wird wieder mehr geheiratet, weniger (vorehelicher) Sex praktiziert und die tradierten Geschlechterrollen zementieren sich. Und nun auch noch züchtiges Busenverhüllen an den Stränden.

Doch was kratzt mich ein bestimmter Trend?! Denn gibt es etwas Schöneres als die Brüste - die Armen kriegen die längste Zeit sowieso zuwenig Luft und Licht - frei schwingen zu lassen und Sonne, Wind und Wasser auf der Haut zu spüren! Kein lästiges Oberteil, das beim Schwimmen verrutscht und danach kalt am Körper klebt. Je weniger Stoff also, umso besser.

Ganz nackt wäre als mein Favorit. Aber nur in einsamen Buchten. Denn die Fleischbeschau beim FKK und die gierigen Blicke mancher Voyeure widern mich an! (roh)

---Contra

Damals in der Oberschule, als die einzige anerkannte Sozialform das Cliquenwesen war, trennte sich bei "Oben ohne" noch die Spreu vom Weizen: Es gab die Gruppe der hippen Barbusigen, die sich selbstbewusst bei praller Sonne im Strandbad präsentierten. Und dann gab es noch den ungleich größeren Rest, der sich offensichtlich verklemmt und meist eher lichtscheu an den Rändern des Freibades niederließ.

Der Umgang mit dem eigenen Körper, er war in der Pubertät nun einmal ein schambesetzter. Und in der Gruppe der Leidenden duldete man keine Subjekte in der Mitte, die den Eindruck erweckten, sich ganz einfach wohl in ihrer Haut zu fühlen.

Aus heutiger Sicht ist natürlich klar, dass die Gleichung nackte Haut ist gleich (sexuelles) Selbstbewusstsein überhaupt nicht stimmen muss. Was die Mädchen damals aber so attraktiv auch beim anderen Geschlecht machte, war die Annahme, dass sie mehr wussten über sich selbst und über ihre Sexualität, als die viel zahlreicheren verhüllten ZeitgenossInnen.

Was mich an "Oben ohne" stört, ist der sexuelle Touch, den es bis heute hat: als kulturelle Praxis, die sich am Grad des Zeigens bzw. Verhüllens reibt. Wer aber Entspannung in der Natur sucht und das möglichst ohne störende Kleider, der ist mit FKK viel besser aufgehoben. Alle sind nackt, alle sind gleich, alle kümmern sich um sich selbst. "Oben ohne" ist da am anderen Ende der Fahnenstange angesiedelt. (mag)