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Kurz aus dem Redaktions-Alltag geplaudert: Seit Wochen strömen hier Menschen (okay, es sind ausschließlich Männer) in blauen oder grauen Overalls herein, die an weißen, vergitterten, an der Decke befestigten Blechkästen herumschrauben. Sie karren Stehleitern heran und telefonieren beizeiten nach Hause, in die Zentralen ihrer Arbeitgeber, die vermutlich dieselben Geräte an ihren Decken haben, weil das immer noch der beste Verkaufsschmäh aller Zeiten war.

Mit den Stehleitern wollen sie der Ursache des erhöhten Tröpfel-Aufkommens und des monoton-blechernen Ratterns auf den Grund gehen. Einer nach dem anderen versucht sich daran, einer nach dem anderen scheitert daran, bis der Nächste kommt und ... besser scheitert. Ein ständiges Kommen und Gehen. Ein andauerndes Kommen, Gehen und ... Tröpfeln. Ein anhaltendes ... Ach, was soll's, wir werden über diesen einen glasklaren, schlichten, unverschnörkelten Aussagesatz nicht herumkommen: Die Klimaanlage funktioniert nicht.

Nicht richtig jedenfalls. Einmal zu laut, dann wieder zu nass. Das anfängliche Einzelkämpfertum der Montagefirmen hat sich als nicht zielführend erwiesen, jetzt kommen sie in Kleinst- und Kleingruppen. Nein, sie kommen in Rotten. Ach was, sehen wir doch den Tatsachen starr ins Auge: Längst rücken sie schon in Mannschaftswägen, in ganzer Kompaniestärke an, um die störrischen Klimageräte an die Kandare zu nehmen. Kaum ist der Trupp der Schrauber wieder auf sicherem Boden, werden die Schleusen für das zertifizierte Klimaanlagen-Fachpersonal geöffnet. Sie strömen aus den Aufzügen und lassen sich mittlerweile auch aus Helikoptern abseilen. (Durch die Fenster dürfen sie aber nicht, denn die müssen geschlossen bleiben.) Im Großraumbüro angelangt, kommunizieren sie dann in ihrer Spezialeinheiten-Adjustierung via Headsets untereinander und mit ihrem Führungsoffizier, der mit Sicherheit auch dasselbe Gerät zuhause hat, weil ... siehe oben.

Weil auch diese konzertierten Aktionen bisher nicht fruchteten, müssen immer neue Experten her, in immer kürzeren Abständen. Evelyne, die gute Seele der Redaktion und natürlich längst schon ihrerseits Klimageräte-Fachfrau, hält pausenlos Kontakt mit neuen, vielversprechenden Spezialunternehmen und den neu entstandenen Klimaanlagen-Abteilungen zahlreicher internationaler Mischkonzerne, von denen einige ihre Kostenvoranschläge bereits kleinlaut wieder zurückziehen müssen, weil ihre Auftragsbücher rappelvoll sind und sie erst in zwanzig Jahren wieder daran denken können, die Annahme neuer Aufträge in Erwägung zu ziehen. Dann sind die aktuellen Klimageräte-Facharbeiter schon pensioniert oder abgeworben, weshalb das AMS seine Politik radikal ändert und nur noch Kurse für "Air Conditioning Supervisor" ausbildet, die schon nach wenigen Tagen wieder leergefegt sind. Aber es hilft alles nichts, die Klimaanlage tropft und tropft, und Evelyne kriegt langsam die Krise.

Ach so, die Krise. Welche Krise? (Martin Putschögl, derStandard.at, 28.7.2009)