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Foto: AP/Stache

Riesige Sorgenfurchen auf der Stirn des Milchbauern. Er kriegt nämlich nix mehr für die Milch. Oder fast nix. Mit Maul und Klauen wehrt er sich gegen die Dumpingpreise bei Milch und Milchprodukten, vor wenigen Tagen erst trabte er zur Wiener Freyung, um das Treffen der EU-Agrarminister, die im Palais Daun-Kinsky Hof hielten und über die "EU-Agrarpolitik nach 2013" debattierten, zu einem akustischen Desaster zu machen, Kuhglocken und alles. Es fruchtete wenig.

Zu allem Überdruss wird jetzt auch noch die unvorteilhafte Physiognomie der österreichischen Rinder international und damit schonungslos offengelegt. Bei der Veranstaltung "Eurobrune", von Kennern auch "Europameisterschaft der Braunviehrinder" genannt, haben die Schweizer Rindviecher vor wenigen Tagen nichts anbrennen lassen und den Europameistertitel in der Nationenwertung souverän nach Hause, in den eigenen Stall geholt. Das Braunvieh aus Österreich hatte keine Chance und belegte hinter Frankreich (Platz 2), Italien und Deutschland nur den fünften Platz.

Derzeit lecken die Verantwortlichen noch ihre Wunden, aber über kurz oder lang ist Nachdenken angesagt. Europameisterin in einer der Einzelwertungen wurde eine Schweizer Kuh mit dem Namen "Solution Sunlight", weshalb sich Österreich auf einer Nebenfront zuallererst die Frage stellen muss, ob man nicht auch auf dem Agrarsektor bei der Umstellung auf erneuerbare Energieträger dem Zeitgeist aussichtslos hinterherhinkt.

In der Hauptsache zeigte der Wettbewerb im französischen Clermont-Ferrand aber eines: Österreichs Kühe müssen attraktiver werden. Wer soll denn bitte für die Milch von so hässlichen Wiederkäuern überhaupt noch einen Cent zahlen? Nein, das alpenrepublikanische Rind muss wieder herzeigbar werden, wenn die Milchbauern überhaupt noch eine Chance haben wollen. Und zwar flott.

Die Damen und Herren der Kuh-Zunft werden in Zukunft noch früher aufstehen müssen, um vor dem morgendlichen Melkvorgang erste Schlammbäder in die Fressliegeboxen einzulassen. Auch die Beauty-Industrie muss nachrüsten, die Elektrozäune in den Köpfen schleunigst überwinden, neue (Alm-)Wege gehen. Große Chancen täten sich auf, man denke nur an eine Anti-Aging-Creme für jede Kuhhaut.

Generell darf die Beauty-Farm der Tiere kein No-Go mehr sein. In einer Zeit, in der Aussehen alles ist, sind Tabus tabu. Auch Dienstleistung muss sich wieder lohnen. Schönheit kommt nicht nur von innen, auch und gerade bei der Kuh. Wenn die österreichischen Braunviehrinder erst einmal Weltmeisterschaften für sich entscheiden, dann muss der heimische Jungbauer keine Kalender mehr verkaufen, um überleben zu können. Dann kann er erhobenen Hauptes jeden Preis verlangen, den er haben will. Unter dem Slogan "Faire Milch von den geilsten Kühen des Universums" wird seine Milch reißerisch Absatz finden. - Ein echtes Rindvieh, wer dafür nicht sein letztes Hemd gäbe. (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.10.2009)