Ab dem Frühjahr werden in den heimischen Kindergärten Kinder wieder auf ihre Sprachkompetenz hin beobachtet. Neu ist aber, dass ein eigenes Screening für Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache zum Einsatz kommen wird.

Während vom Bildungsministerium und dem Institut für Bildungsforschung (Bifie), das die Systeme zur Sprachstandsfeststellung entwickelt hatte, bei der Einführung 2008 noch beteuert wurde, dass das bestehende Screening sowohl für Einwandererkinder als auch für Muttersprachler geeignet sei, wurde für 2010 nun ein eigenes Verfahren entwickelt.

Die Begründung ist einleuchtend: Die bisher entwickelten Verfahren waren für Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache "nur bedingt geeignet", sagte Bifie-Projektleiterin Simone Breit. "Der neue Beobachtungsbogen nimmt Bezug auf die Erwerbsphasen des Kindes und wo es in der Sprachentwicklung steht". Ende 2009 waren Multiplikatoren eingeschult worden. Multiplikatoren sind jene PädagogInnen, die die Verfahren in den Kindergärten ihren Kollegen näherbringen.

Beobachten unter Anleitung

Sprachstandsfeststellungen - was sich hinter dieser komplizierten Bezeichnung verbirgt ist nichts anderes, als das, was Kindergartenpädagoginnen ohnehin machen: Sie beobachten, ob die Kinder sich sprachlich gut entwickeln und fit für die Schule sind. Pädagogen begrüßen aber, dass sie dabei angeleitet werden. "Je standardisierter das gemacht werden kann, desto hilfreicher ist das", sagt Heide Lex-Nalis von der Interessensvertretung Educare im derStandard.at-Gespräch.

Von Sprachproblemen zum Gratiskindergarten

Bessere Integration war die Mutter des Gedankens, als die Regierung beschloss, die Überprüfung der Sprachkompetenz 15 Monate vor Schuleintritt standardisiert durchführen zu lassen. Zu viele Probleme gab es zu Schulbeginn, weil der Anteil von Kindern, die nicht Deutsch konnten, in manchen Klassen zu groß war.

In Wien führte die erste Sprachstandserhebung zu einem Ergebnis, das auf langjährige Versäumnisse in der frühkindlichen Förderung hinwies: Die Auswertung des Biefie ergab, dass 30 Prozent der Kinder im Kindergarten Förderbedarf hatten. Ein eigener Test, der für Vierjährige, die nicht im Kindergarten waren, entwickelt worden war, ergab, dass 64 Prozent der Kinder Förderbedarf hatten. Im ersten Fall hatten 18,9 Prozent der Kinder mit Erstsprache Deutsch Förderbedarf und 81,1 Prozent mit Deutsch als Zweitsprache. Bei den externen Kindern, die noch Unterstützung bedurften, hatten mehr als zwei Drittel (69 Prozent) nicht Deutsch als erste Sprache.

Österreichweit spricht jeder vierte Fünfjährige (23 Prozent) schlecht Deutsch, ergab die Untersuchung. Ein Drittel davon hatte Deutsch als Muttersprache. In Österreich besuchen circa 90 Prozent aller Fünfjährigen den Kindergarten oder eine ähnliche Betreuungseinrichtung.

Kritik am Verfahren

Die Sprachstandserhebungen sind nicht unumstritten: So hagelte es von Experten Kritik zu den Beobachtungsmethoden: Sie würden sich zu sehr auf die Grammatik konzentrierten, hieß es beispielsweise von der Pädagogik-Expertin Renate Csellich-Ruso. Von den Pädagoginnen würden darüber hinaus Dinge verlangt, in denen sie gar nicht ausgebildet waren.

Außerdem wurde die Herangehensweise hinterfragt: So wurden Kinder, die im Kindergarten waren, vier Wochen lang beobachtet, während Kinder, die keine Einrichtung besuchten, lediglich einen Nachmittag lang gescreent wurden - in unbekannter Umgebung und mit ihnen unbekannten Menschen.

Das Ergebnis der kleinen Kindergarten-Reform, zu der auch die Sprachstandserhebungen gehörten, war das verpflichtende letzte Kindergartenjahr, in dem alle Kinder die Chance bekommen sollten, Deutsch zu lernen. "Kurzfristig hilft die Maßnahme bestimmt, doch langfristig wird man um den verpflichtenden mehrjährigen Kindergarten nicht herumkommen", sagt Breit.

Personalnot

Der besseren Betreuung steht noch ein großer Stein im Weg: "Bestehen bleibt die akute Personalsituation, die alle lobenswerten Vorhaben wie dieses mit einem großen Fragezeichen versehen", sagt Lex-Nalis. Derzeit ist ein Schlüssel von eins bis eineinhalb Pädagogen zu 20 bis 25 Kindern vorgesehen. "Auch wenn dieser Schlüssel eingehalten wird, lässt sich nicht qualitätsvoll arbeiten." Doch nicht einmal dieser Schlüssel könne eingehalten werden, weil es einen Personalmangel gebe. Die Pädagogin setzt sich für einen Schlüssel von eins zu zehn ein. International gilt laut Lex-Nalis der Personalschlüssel eins zu sieben. (Marijana Miljkovic, derStandard.at, 12. Jänner 2010)