In den Uni-Besetzungen treten nun Lehrende mit ersten Aktionen in Erscheinung. Auf einer Solidarisierungsliste haben bereits über 400 Lehrende unterzeichnet.

"Die Lehrenden, die sich aktiv beteiligen, sind sehr dankbar" , dass die Proteste von Studierenden losgetreten worden sind. "Insgesamt gibt es sehr viele überschneidende Interessen", meint ein engagierter Lektor der Uni Wien.

"Diese Bewegung wird von den Studierenden getragen. Die Kunst ist es, sich mit ihnen solidarisch zu verhalten, aber zugleich sich nicht draufzusetzen", beschreibt Thomas Schmidinger, Lektor am Institut für Politikwissenschaft, die Rolle der Lehrenden im Idealfall. Als Präsident der "IG Externe LektorInnen" , die sich rasch mit den Audimax-Besetzern solidarisierte, organisierte er das erste Lehrendenvernetzungstreffen mit. "Professoren sind die noch zögerlichste Gruppe", erzählt er. Am meisten würden die protestieren, die in den schlechtesten Arbeitsverhältnissen stünden. "Sie fühlen sich mitbetroffen", erklärt Max Preglau, Soziologieprofessor in Innsbruck.

Leidensdruck und Risiko

Diese hätten den größten Leidensdruck, aber auch mehr Risiko, wenn sie sich zu weit hinauszulehnen: "Es gibt Angst, die zu vorauseilendem Gehorsam führt", weiß Schmidinger aus Gesprächen mit Betroffenen. "Ich stehe auf der Abschussliste ganz oben und kann es mir nicht leisten, an vorderster Front einzutreten", beklagt eine Dozentin der Uni Wien, die sich gerne mehr engagieren würde.

Preglau sieht das Lehrendenengagement insgesamt noch zurückhaltend und passiv: "Resignation spielt eine Rolle." Er schätzt, dass sich etwa 25 Prozent nichts von den Protesten versprechen. Ein weiterer Grund, warum man inaktiv bleibt: "Viele haben sich mit den Strukturen arrangiert."

Preglau selbst hat die Solidaritätsliste unterzeichnet, denn: "Für mich ist in den letzten Jahren einiges kumuliert. Ich war immer ein entschiedener Gegner der neuen Management-Universität."

"Aktiver Streik"

Schmidinger sieht auch den Senat und Betriebsrat gefragt. Offizielle Strukturen bräuchten immer lang, um zu reagieren, er glaube aber an eine grundsätzliche Sympathie für die Bewegung, die schließlich die gröbsten Missstände aufzuheben sucht.

In Wien arbeiten sechs Lehrenden-Arbeitsgruppen. Ziele sind etwa, engen Kontakt zwischen den studentischen Besetzern und den solidarischen Lehrenden herzustellen und ein eigenes Positionspapier zu formulieren. Die Gruppe "Squatting Teachers" baut in besetzten Hörsälen einen alternativen Vorlesungsbetrieb auf. Das Label: "Aktiver Streik". "Auch während der Besetzung passiert viel intellektuelle Arbeit", sagt eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Philosophie der Uni Wien. (Julia Grillmayr, Tanja Traxler/DER STANDARD-Printausgabe, 4.11.2009)