Trompeten, Trommeln, Trillerpfeifen - nach einer vorerst lahmen Beteiligung am bundesweiten "Aktionstag Freie Bildung für alle" erreicht er in den Abendstunden noch schwunghaft einen Höhepunkt. In flottem Schritt marschieren tausende Demonstranten von verschiedenen Wiener Unis Richtung Urban-Loritz-Platz. 20.000 Demonstranten waren es laut den Veranstaltern, 8.000 schätzte die Polizei.

Neben Techno-Wagen und Trommeltruppen fallen vor allem viele kleine Kunstprojekte im Protest auf: Etwa zwei einschlafende Papp-Studenten, oder Pac-Man-Computer-Figuren, die ECTS-Punkten durch die Menge hinterher jagen. Natürlich dürfen auch die bekannten Slogans nicht fehlen: "Wir sind hier und wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut" und "Bildung für alle - und zwar umsonst" wird skandiert.

Als zwei Burschen das Dach der U-Bahn-Station Josefstädterstraße erklimmen und die rote Fahne der "Revolution" schwenken, geht der Lärmpegel schlagartig in die Höhe.

Insgesamt ist die Stimmung ruhig und friedlich - das befindet selbst die Polizei. Doch wegen des großen Ansturms wird die Abschlusskundgebung in den Märzpark vor der Stadthalle verlegt. Der Schulterschluss von Studenten, die die Proteste initiierten, mit Schülern, Gewerkschaftern und Kindergärtnern schaffte es, auf breiter Basis zu mobilisieren. Dementsprechend war die Stimmung ausgelassen. Zum Abschluss stand ein Konzert des Pop-Duo Attwenger am Programm. Zwar bildeten sich durch die Sperre des Gürtels und der Alserstraße Staus. Doch durch den auffallend ruhigen Charakter der Demo blieb auch das erwartete Verkehrschaos aus.

Schleppender Start

Insgesamt ist der Bildungsaktionstag nur sehr schleppend in Gang gekommen. Zur Schülerdemo um 9 Uhr fanden sich nur 60 Demonstranten vor dem Bildungsministerium.

Eines der Highlights des Tages: Am Minoritenplatz herrschte zu Mittag helle Aufregung, als sich plötzlich eine Gruppe von siebzig Studenten und Lehrenden am Boden vor dem Büro von Minister Johannes Hahn niederlässt und den Weg versperrt. Niemand weiß, woher sie gekommen sind.

Vor einer halben Stunde saßen die Studenten der Theater-, Film- und Medienwissenschaften noch gemütlich im "Minoritenstüberl" und besetzten dort alle Tische.

Als Draufgabe wollten sie Hahn spontan einen Besuch abstatten, dieser war allerdings ausgeflogen. In der Diskussion mit seinem Büroleiter Elmar Pichl kommen sie zu einem überraschenden Ergebnis. "Er hat uns einen persönlichen Gesprächstermin mit Hahn versprochen" , berichtet Dominik Wurnig. "Stimmt nicht" , heißt es aus dem Ministerium. Es wurde nur die bestehende Einladung zum "Hochschuldialog" am 25. November bekräftigt. Von einem Exklusivtermin sei nie die Rede gewesen, betont Hahns Pressesprecherin.

Zu Mittag trafen sich ein Dutzend Studenten für eine Flashmobaktion "Students for sale" im Vienna International Center und mischten sich die Protestierenden unter die Besucher einer Karrieremesse. Mit Slogans wie "Bakk. im Doppelpack" boten sie sich an.

Ein anderer Höhepunkt: Mit Putzfetzen und Sprühflaschen stürmen rund dreißig Studierende die U4 ab Schwedenplatz. Sie springen von einem Wagon zum anderen, putzen innen und außen die Scheiben und wünschen den teils dankend lachenden, teils genervten Fahrgästen "Freie Sicht für eine freie Bildung" . Herrschende Studienverhältnisse werden schauspielerisch kritisiert: "Ich hab einen Platz" , ruft eine ausgeschilderte "Publizistik" -Studentin, woraufhin sich ihre Kommilitoninnen auf sie stürzen. Vier auf einem Platz - das sorgt in der U-Bahn für Aufsehen, ist in ihrem Studium Alltagsszenario.

An sich hätte der Flashmob am Stephansplatz stattfinden sollen, wurde aber spontan verlegt, da dort schon Polizei und Wiener-Linien-Aufsicht warteten. Letztere fragt die versammelte Menge: "Seid ihr der unangemeldete Sitzstreik?" "Was für ein Streik? Das ist mein Geburtstag! Die Wiener Linien streiken?" , geben sich die Studenten unbescholten und ziehen diskret Richtung Schwedenplatz. (Astrid-Madeleine Schlesier,Julia Grillmayr, Tanja Traxler/DER STANDARD-Printausgabe, 6. November 2009)