Es widerspricht zwar der basisdemokratischen Manier, doch das Audimax ist ein Raum, der eine Bühne hat. Und diese zieht Prominente und Politiker magisch an. Der Auftritt im okkupierten Hörsaal ist mit Prestige besetzt.

Es war ein eindringlicher Moment, als ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer am zweiten Tag unter großen Buhrufen von der Bühne gepfiffen wurde, um einen zu großen Einfluss der ÖH zu verhindern.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig bemühte sich mit ihrem Solidaritätsschreiben gezwungen um gleiche Augenhöhe mit den Besetzern: "Solltet Ihr mich im Audimax brauchen, Anruf genügt."

Stelldichein von Kulturgrößen

Die Bewegung profitiert vom Stelldichein intellektueller und kultureller Größen. Eine eigene Arbeitsgruppe kümmert sich um die Einladungen. Schriftsteller Isolde Charim, Robert Menasse und Klaus Werner-Lobo schwingen vor Besetzerpublikum enthusiastische Durchhalte-Reden. Die Viennale-Premiere des Dokumentarfilms über Ute Bock wurde in den besetzten Hörsaal verlegt. Stermann und Grissemann kündigten sich an. Gustav und Anti-Flag geigen auf. Tocotronic richtete gestern Solidaritätsgrüße aus.

Wenige Locations bieten derzeit ein ähnlich abwechslungsreiches Programm. Doch das Partymachen wird den Protestierenden von mancher Seite als Vergessen der Forderungen vorgeworfen, die Konzerte werden als Widerspruch zum politischen Kontext gesehen. Die Generation Pragmatismus wird als Spaßgesellschaft abgestempelt.

Audimax-Besetzer in griechischer Tradition

Falsch, sagt Roland Girtler, Soziologe an der Uni Wien. Party habe es bei "Revolutionen" immer schon gegeben, so auch 1968. Er geht aber noch viel weiter zurück: "Schon 1848 bei den Revolutionen gegen die Habsburger ist es ordentlich zugegangen." Zusammen zu essen und zu trinken sei von unschätzbarem Wert. Erst so entstünden die notwendigen Rituale und Symbole. Als gutes Beispiel für Gemeinschaftlichkeit als Quelle einer produktiven Diskussion zitiert Girtler das antike "Symposion", altgriechisch für "zusammen trinken". "Sokrates soll sogar der Trinkfesteste gewesen sein. Und Platon hat ein ganzes Buch darüber geschrieben." Den politischen Kontext sieht Girtler nicht gefährdet, denn er sei Anlass zur Zusammenkunft. Es seien die Forderungen, die verbinden.

Morgen, Donnerstag, ist mit den Metallern um acht Uhr eine Demonstration vor der Wirtschaftskammer angesetzt. Und ab zwölf Uhr debattiert der Nationalrat in der von den Grünen initiierten Sondersitzung zum "Uni-Notstand". (Julia Grillmayr, Tanja Traxler/DER STANDARD-Printausgabe, 11.11.2009)