"Ich bin froh das wir das gemacht haben", sagt Freda Meissner-Blau zur Besetzung der Hainburger Au.

Foto: derStandard.at/pumberger

Die Grünen demonstrieren gegen den Bau der Lobauautobahn.

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Freda Meissner-Blau erkundigt sich beim Nationalparkdirektor nach der Lage der Au.

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Anläßlich des 25-Jahr-Jubiläums der Besetzung der Hainburger Au machte sich der grüne Parlamentsklub am Mittwoch zu einem winterlichen Ausflug auf. Gemeinsam mit der ersten grünen Parteichefin und Hainburg-Besetzerin Freda Meissner-Blau besichtigten die Mandatare den Nationalpark Donau-Auen. Hainburg, das ist für die Grünen so etwas wie ihre "Geburtsstunde". Genau genommen war es das aber nicht. Schon vor Hainburg gab es grüne Parteien, erst 1986 entstand daraus die heutige grüne Partei. Im Bus gleicht es einem Klassenausflug. Einige waren schon vor 25 Jahren dabei. Andere sind erst später zu den Grünen gestoßen, als sie schon eine etablierte Partei, nicht eine lose Bewegung waren. 

Der Ausflug führt in das Nationalparkhaus am westlichsten Rand der mittlerweile geschützten Aulandschaft, in der Lobau. Hier in der Nähe soll der Lobautunnel für bis zu 60.000 Autos täglich gegraben werden. Deswegen wollen die Grünen hier ein "aktuelles Zeichen" setzen, auch um das Erbe von Hainburg zu bewahren.

Geburtsstunde Hainburg

Hainburg ist eine dieser Chiffren der Zweiten Republik. Zwentendorf, Arena-Bewegung oder das "Mailüfterl" von 1968 sind andere. Manch einer der anwesenden grünen Parlamentarier sieht Parallelen zwischen diesen Bewegungen und den Studentenprotesten, die derzeit an Österreichs Universitäten stattfinden. Sie alle stehen in einer Reihe von zivilgesellschaftlichem Auftreten neuer sozialer Bewegungen.

Besetzt wurde die Stopfenreuther Au bei Hainburg am 8. Dezember 1984. Ausgangspunkt war ein Sternmarsch bei dem gegen die drohende Rodung und Zerstörrung der Aulandschaft durch die Arbeiten und den Betrieb des Wasserkraftwerkes in Hainburg. Nach Wochen der Besetzung, dem harten Eingreifen der Exekutive und einer großen Demonstration musste die Bundesregierung im "Weihnachtsfrieden" einlenken und die Rodung wurde gestoppt. Das Kraftwerk wurde nie gebaut. 1997 wurde die längste noch bestehende Auenlandschaft Europas schließlich in den Nationalpark Donau-Auen umgewandelt.

"Wir sind Anwalt der Umwelt"

Schon vor Hainburg gab es eine grüne Bewegung und grüne Parteien. Werner Kogler verweist auf die Alternative Liste Österreich (ALÖ), die sich schon 1983 gegründet hat. Auch die Vereinte Grüne Liste (VGÖ) gilt als Vorgängergruppierung der heutige Grünen. Schon 1982 hat in Salzburg eine grüne Bürgerliste einen Stadtrat - Johannes Voggenhuber - gestellt.

"Es hat sich aber das historischer Bild verfestigt, dass die Geburtsstunde Hainburg war", sagt Kogler im Gespräch mit derStandard.at. Aus den Erfahrungen von Hainburg hätten sich die verschiedenen grünen Gruppierungen zu einer zusammengefunden. Insofern war die Besetzung der Au die "zweite Geburtsstunde".

1986 vereinigten sich ALÖ und VGÖ, im gleichen Jahr konnten die ersten grünen Mandatare in den Nationalrat einziehen. Der "Erkenntnisstand" der Umweltpolitik - auch bei den anderen Parteien - habe sich seitdem radikal geändert, der Umsetzungsstand in der Energie- und Umweltpolitik sei jedoch "skandalös". "Wir sind nach wie vor der Anwalt der Umwelt, der einzige Anwalt", findet Kogler.

"Ich bin froh, dass wir das gemacht haben"

Freda Meissner-Blau wird oft als eine solche grüne Anwältin der ersten Stunde gesehen. Sie verbindet als Person die Grünen als Partei mit der Umweltbewegung von Hainburg. Damals noch als SPÖ-Mitglied war sie neben Günther Nenning oder Friedrich Hundertwasser eines der Aushängeschilder der Besetzung.

Nach einem Film über die Geschichte der Donau-Auen im Filmsaal des Nationalparkhauses muss Meissner-Blau - zuvor hatte Eva Glawischnig betont, man wolle vor allem über die Fragen der Zukunft sprechen - doch noch etwas über die "Vergangenheit" sagen: "Ich bin froh, dass wir das gemacht haben, wir sind zu Besetzern geworden, zu Störenfrieden und zum Ärger der ganzen Regierung. Das war wunderbar. Und Recht haben wir gehabt."

"Trittbrettfahrer nach Kopenhagen"

Parteichefin Eva Glawischnig beklagt die Entwicklungen der letzten Jahre: Einst Musterland, fährt Österreich heute nur mehr als "Trittbrettfahrer nach Kopenhagen". Österreich habe sich mit 13 Prozent CO2-Reduktion zwar hohe Ziele gesetzt, jedoch wird derzeit keine einzige Tonne weniger emitiert. Kopenhagen sei die "wichtigste Konferenz seit dem zweiten Weltkrieg", bei der es um nichts Geringeres als die "Zukunft der Welt" gehe. Ein bisschen etwas von dem "Geist" von Hainburg bräuchte es auch in der heutigen österreichischen Innenpolitik.

"Zwangsmechanismen des parlamentarischen Alltags"

Mittlerweile sind die Umweltaktivisten von einst im Parlament angekommen:  "Wir waren eine Umweltbewegung, wir haben uns bewegen können, waren nicht überprüfbar. Wir sind eine Partei geworden und sind in den Zwangsmechanismen des parlamentarischen Alltags wo immer man steht und arbeitet", sagt Meissner-Blau. In Hainburg sei es egal gewesen aus welcher Schicht oder von welcher Partei man gekommen ist: "Das war leicht." Die Grünen dürfen nicht vergessen, dass sie die Träger all dieser Umweltbewegungen seien, erinnert Meissner-Blau.

Bei einem Spaziergang durch den Nationalpark geht es vorbei an Ahornbäumen, vom Biber angenagten Bäumen - Vögelnester zieren den Weg. Die Grünen wollen für den parlamentarischen Alltag noch einmal den "Geist" von Hainburg tanken. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 10.12.2009)