Das Mädchen mit den Schwefelhölzern und sein Alter Ego: Silke Grabinger und Martin Dvoøák.

Foto: Brachwitz

Unter die Konzeptplatten der Tiger Lillies, bei denen das Londoner Trio gerne auf literarische Vorlagen zurückgreift, reihte sich 2006 auch eine Bearbeitung von Hans Christian Andersens Märchen Das Mädchen mit den Schwefelhölzern. Aufgezeichnet wurde im Wiener Odeon während einer Aufführung, die die traurig-schönen Lieder von Bandleader Martyn Jacques um Tableaux vivants ergänzte.

In Linz hat sich nun Karl M. Sibelius dieser Bearbeitung angenommen und mit sorgfältig eingedeutschten Liedtexten (Ursula Knoll, Florian Haderer) eine Matchgirl Opera inszeniert. Den Falsettpart von Jacques übernimmt Sibelius selbst, in den Vordergrund rückt die Choreografie (Martin Dvoøák, Silke Grabinger).

Die beiden tanzen sie auch, und das zunächst äußerst fesselnd. Auf der in nächtliches Blau getauchten Bühne gibt Grabinger ein vor Kälte zuckendes Mädchen, Dvoøák mimt als Alter Ego die abweisende menschliche Umgebung. Während solcherart emotionale Dichte entsteht, verliert sich jedoch der erzählerische Faden. Die Songs erscheinen oft einen Tick zu lang, der nahtlose Übergang zum jeweils nächsten schafft nicht immer die notwendigen Kontraste. So verharrt die dramatische Spannung im jeweils aktuellen Lied bzw. Tanz und vermag keinen weiter gefassten Erzählbogen zu formen. Bei den Traumsequenzen von Andersens Vorlage angekommen, verdichtet sich die Choreografie jedoch, und die Inszenierung hält mit stimmigen Videoüberblendungen Schritt.

Bevor am Ende das Mädchen in den Himmel erlöst wird und das Alter Ego als frierender Mensch zurückbleibt, erweitert Sibelius das Thema. Zum einen mit mahnenden Kriegsbildern, zum anderen mit Stephen Sondheims Lebensrückblick-Ballade Send in the Clowns. Beides auf seine Art verzichtbar. (Wolfgang Schmutz, DER STANDARD/Printausgabe, 13.01.2010)