Foto: Rabenhof

Wien - Die Erziehung eines unbedarften Burschen zum edlen Ritter und Gralskönig drängt sich nicht ohne weiteres als Identifikationsstoff für Netblogger und Youtubisten auf, die kaum den Kinderschuhen entwachsen sind. Aber, oh Wunder: Parzival, der reine Tor im Narrenkostüm, erschien im Wiener Rabenhof-Theater als rührender Jüngling (Paul König), dem die versammelten Elfjährigen ihre tosende Anteilnahme nicht versagen wollten.

Lag es gar an der Dominic-Heinzl-Frisur des angehenden Rittersmannes? Ganz gewiss ist Autor Bernhard Studlar eine wortwitzige, jederzeit geistesgegenwärtige Bearbeitung des alten Wolfram-von-Eschenbach-Stoffes gelungen (Richard Wagners nach Weihrauch duftende Neudeutung blieb außen vor).

Auf Erich Spergers Bühne besteigen König Artus' geharnischte Helden jene Holzpferde, die schon in Monthy Pythons Ritter der Kokosnuss tiefes Mitgefühl weckten. Im Schnelldurchlauf wird die Geschichte von Gahmurets und Herzeloydes Paarung erzählt: Parzival löst sich von der Kittelfalte der Mutter (Sonja Romei). Deren Credo lautet: "Ich bin Alleinerzieherin, das ist echt kein Honiglecken!"

Das flügge gewordene Küken ersäuft als "unguided missile" den "Roten Ritter" , scheitert auf der Gralsburg an der nicht gestellten Mitleidsfrage und irrt umher. Die Jugendlichen lernen: Auch die Pflichten der Ritterschaft beinhalten nicht nur Honiglecken.

Es ist Roman Freigaßners vergnüglicher Inszenierung keineswegs vorzuhalten, dass sie während Parzivals unerquicklichen Wanderjahren merklich an Fahrt verliert. Staunenswert bleibt der Versuch, mit einfachsten Mitteln eine Atmosphäre zu etablieren, die den Jugendlichen Vertrauen in die Kraft "alter" , nichtsdestotrotz unersetzlicher Stoffe einflößt.

Mag die chemische Küche der Gralsburg auch ein wenig läppisch vor sich hindampfen: "Wer nicht hüpft, der ist kein Ritter!" Man sollte seine Kinder (ab elf) getrost zur Fahrt nach Erdberg anstacheln und für einen Besuch dieser Koproduktion mit dem Theater der Jugend gewinnen. Bloggen können sie später immer noch. (Ronald Pohl/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.1.2010)