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Die Stadt Wien rechnet damit, dass die Kindergartenkinder immer jünger werden.

Foto: AP Photo/Matthias Rietschel
Grafik: Standard

Wien/Graz - In einem Jahr kommen die ganz Kleinen. Wien bereitet sich bereits jetzt auf einen Anstieg bei den unter Dreijährigen in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen vor. Die Ursache: das einkommensabhängige Kindergeld, das seit 1. Jänner erstmals bezogen werden kann, mit seiner relativ kurzen Karenzdauer.

"Wenn Eltern diese Variante wählen, dann werden sie nach zwölf oder, wenn der Vater auch in Karenz geht, nach 14 Monaten ihre Kinder in irgendeiner Form betreut wissen wollen", sagt Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) im Gespräch mit dem Standard. Er rechnet damit, dass 17 Prozent dieses Modell wählen werden. Für Wien bedeute das, folgert der Stadtrat, "dass ab 2011 mehr sehr viel jüngere Kinder ins System kommen werden" . Das wären in Wien 1500 Kleinkinder, die früher betreut würden. Oxonitsch: "Rein rechnerisch sollten wir vorbereitet sein, aber es erhöht den Druck." Österreichweit rechnet man mit 12.700 Kleinkindern in Betreuung.

Der Wiener Stadtrat schätzt, dass sich der Personalaufwand durch die zu erwartenden unter Dreijährigen deutlich erhöhen wird: "Denn die Betreuung der jüngeren Kinder ist deutlich personalintensiver." Kleinere Kinder bedeuten kleinere Gruppen und mehr Personal - also höhere Kosten. Beispiel Wien: Bei den Null- bis Dreijährigen sind maximal 15 Kinder in der Gruppe (bei den Älteren sind es 25). Es gibt zwei Pädagoginnen und zwei Assistentinnen in den städtischen Krippen; bei den Älteren ist es dagegen jeweils nur eine.

Nicht alle Länder teilen die Wiener Ansicht. Beispiel Vorarlberg: Im Ländle gibt es gar keine Kinderkrippen. Stattdessen setzt man auf Tagesmütter, Spielgruppen und Ähnliches. Das Eintrittsalter für den Kindergarten wurde erst im Herbst 2008 auf drei Jahre gesenkt.

Dass viele Vorarlberger das einkommensabhängige Kindergeld wählen werden, glaubt man in der Landesregierung trotzdem nicht. Schon die Variante von 15 plus drei Monaten hätten nur vier Prozent bezogen.

Andere, wie die Steiermark, hinken prinzipiell in diesem Bereich hinterher: "Uns ist bewusst, dass wir für die unter Dreijährigen mehr Betreuungsplätze brauchen" , heißt es im Büro der zuständigen steirischen Landesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ). Vom EU-Ziel, für 33 Prozent aller unter Dreijährigen einen Platz zur Verfügung zu stellen, ist das Bundesland mit zehn Prozent meilenweit entfernt. Die 34 momentan in Planung befindlichen Projekte werden das Ergebnis nur ein wenig nach oben korrigieren. Zum Vergleich: Wien hat bei Null- bis Dreijährigen einen Versorgungsgrad von 27 Prozent.

Erschwerend kommt hinzu, dass heuer die dreijährige Anstoßfinanzierung des Bundes für den Ausbau von Betreuungsplätzen ausläuft. Zwar will Frauenministerin Gabriel Heinisch-Hosek (SPÖ), dass der Bund weiterhin 15 Millionen Euro pro Jahr lockermacht. Allerdings steht dafür das ÖVP-geführte Familienstaatssekretariat auf der Bremse. Dazu gebe es derzeit "keine Verhandlungen", heißt es dort. Für den Wiener Bildungsstadtrat Oxonitsch ist klar: "Die Ausbaumaßnahmen müssen forciert werden. Dafür braucht es das entsprechende Mittel." (Peter Mayr, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2010)