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Am Grab der Sozialdemokratie? Ein Bild aus vergangenen Zeiten mit Franz Vranitzky (re.), Fred Sinowatz (Mitte) und Alfred Gusenbauer. Werner Faymann trägt das Erbe.

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Aushängeschild ist der ehemalige Sozialminister Erwin Buchinger.

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"Wir müssen die SPÖ wieder hinbringen, wo sie hingehört: Links der Mitte", sagt der steirische Landtagspräsident Kurt Flecker. Und links ist Programm. Zumindest scheint das so, bei einer Veranstaltung der "SPÖ Linken" am Mittwochabend. Zum Thema "Warum die SPÖ linke Politik braucht" diskutierte eine Gruppe rund um den Initiator des Eurofighter-Volksbegehrens Rudolf Fußi im Wirtschaftsmuseum im fünften Wiener Bezirk.

Denn die Suche nach Lösungen für das anhaltende Tief der Sozialdemokratischen Partei Österreichs bietet momentan einigen Politikern, Politologen und politikinteressierten Experten eine Vollzeitbeschäftigung.

Fußi will nun gemeinsam mit einer Gruppe von Leuten, den "linken, sozialdemokratischen Flügel innerhalb der SPÖ" stärken. Will heißen: Man soll auf eine Art reset-Knopf drücken, die Sozialdemokratische Bewegung in Österreich zu einem Neustart bringen.

"Massives Glaubwürdigkeitsproblem"

Tatsache ist: die SPÖ hat ein Problem. Profillosigkeit, ein Umfaller-Image, keine richtungsweisenden Visionen, kein klares Leitbild und ein stetes Wegfallen der Stammwähler, sind nur ein paar der Vorwürfe, die sich die Partei rund um Kanzler und Vorsitzenden Werner Faymann in den vergangenen Monaten anhören konnte. Es gebe kein deutliches Angebot an den Wähler - der wisse mittlerweile nicht mehr wofür diese Partei stehe, die noch zu Zeiten des Über-Vaters Bruno Kreisky in den Siebziger Jahren die Schlagworte Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität für sich gepachtet zu haben schien.

Und diese gefühlte Orientierungslosigkeit lässt sich durchaus in Zahlen ausdrücken: Minus 9,7 Prozent in Kärnten, minus sechs in Salzburg, minus 9,5 bei der EU-Wahl, minus 6,9 in Vorarlberg und minus 13,4 Prozent in Oberösterreich, das ist die Wahl-Bilanz der SPÖ 2009.

Raus aus der Regierung

Die SPÖ Linken wollen dem Abwärtstrend entgegenwirken. Die wichtigsten Aushängeschilder Fußis sind dabei der ehemalige Sozialminister und jetzige Behindertenanwalt Erwin Buchinger und Kurt Flecker. Gemeinsam mit ihnen diskutierten die Leiterin des momentum10-Kongresses Barbara Blaha und der Schriftsteller Werner Schneyder über den künftigen Weg der SPÖ. Diese müsse gerettet werden, lautete der Tenor, denn sie stehe vor einem Abgrund.

Blaha ortete ein "massives Glaubwürdigkeitsproblem". Fußi sagte, die Politik der Partei werde von den Schlagzeilen der Boulevardzeitungen diktiert. Faymann sei nur noch einem Menschen Rechenschaft schuldig, dem "Herrscher in der Muthgasse (Hans Dichand, Chef der Kronen Zeitung, Anm.), was der begrenzten intellektuellen Fähigkeit des Kanzlers" entgegenkomme. Das anwesende Publikum wünschte sich von der Partei mehr "praktische Politik" statt theoretischer Ankündigungen.

Raus aus der Regierung

Von den Beteiligten wurde vor allem bemängelt, dass die SPÖ zu wenig Initiativen zeige, die ÖVP gebe die Themen vor. Buchinger spricht von einer "Friedhofsruhe" unter Faymann, bei dem eine inhaltliche Auseinandersetzung unerwünscht sei. Die Probleme an der Person Faymanns festzumachen, sei jedoch ein Fehler, so Blaha. "Man macht es sich verflucht einfach, zu glauben, wenn die Spitze ausgewechselt wird, ist wieder alles in Ordnung." Die Schwierigkeiten der SPÖ, ihre Inhaltsleere und Profillosigkeit, seien über Jahrzehnte angewachsen.

Konkrete Lösungsvorschläge gegen diese Tatsache ließ die Veranstaltung jedoch missen. Die Forderung Fußis, die SPÖ solle aus der Regierung aussteigen und aus der Opposition heraus seine Rolle stärken, wurde nicht einmal von seinen Mitstreitern mitgetragen. Buchinger und Flecker halten das für einen "strategischen Fehler." Eine eigene Linkspartei ist demnach keine Option. Wie es mit dem Projekt der Linken weitergeht, soll die bundesweite Gründungskonferenz im März zeigen. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 28.1.2010)