Wien - Einteilung ist das halbe Leben, hat uns schon die Oma immer erklärt. Aber auch jene kinderlosen Personen, die der Standard darüber befragt hat, wie sich das Eltern-Sein ihrer Freunde auf die Qualität der Freundschaft ausgewirkt hat, nennen zuallererst spürbare Änderungen in Sachen Zeitmanagement: "Eltern müssen besser organisiert sein", formuliert das Valerie Hackl. "Unsere Treffen sind weniger spontan", berichtet Katharina Knoll. Und wenn es dann zu einem Treffen kommt, "dann hat sich der Biorhythmus verschoben", weiß Michael Schuster, denn: "Wer keine kleinen Kinder hat, hat keinen Grund, abends früher ins Bett zu gehen. Aber wer kleine Kinder hat, hat jeden Grund dazu."
Inge Schedler steht mit ihrer sechsköpfigen Familie quasi auf der zweiten Seite. Aber das, was die Kinderlosen da anführen, kann sie nur bestätigen: "Ich muss mir so bewusst Zeit nehmen für meine Freunde." Denn der Spielraum zwischen Paul (12), Bruno (11), Rosa (3) und Lois (bald 2) ist eng. Auch zu putzen "gibt es immer was". Folglich ist die Veränderung, die Kinder ins Leben bringen, für die Niederösterreicherin auch eine Art "Gradmesser dafür, wie gut Freundschaften sind". Manche Beziehungen würden sich totlaufen. Und für die, die ihr wirklich wichtig sind, nimmt sich Schedler auch gerne Zeit, um einen kinderlosen Vormittag in Wien einzulegen.
Eine Freundin, wie sie sich auch Valerie Hackl mitunter wünschen würde: "Die Gespräche mit Eltern laufen oft viel weniger geschmeidig, ich kann meine Gedanken nicht so in den Raum stellen, wie ich gerne würde." Das mache ein Treffen inklusive Kinder mitunter „anstrengender", wenn sie es auch grundsätzlich als "Bereicherung" empfindet, ihre Freunde samt Nachwuchs um sich zu haben. Nur in den Ferien nicht: "Ich hätte große Lust, mit unseren Freunden auf Urlaub zu fahren", aber ohne Kinder: "Da ist mir mein Urlaub zu kostbar."
Empirische Untersuchungen würden belegen, dass die Zahl der Kinder sich negativ auf Freundschaften auswirkt, erklärt Horst Heidbrink. Der Psychologe forscht an der Fernuniversität Hagen in Deutschland über soziale Beziehungen. Er rät Eltern, mit ihren Freunden offen über die veränderte Lebenssituation zu sprechen: "Oft wissen Kinderlose ja gar nicht, zu welch großen Veränderungen es hier kommt." Da die Zeitplanung plötzlich auf das Kind ausgerichtet sei, „gibt es schon die Gefahr, dass sich Freunde vernachlässigt fühlen oder glauben, es bestehe kein Interesse mehr an der Freundschaft". 

Freundschaftskiller Lebensalter 

Psychologe Heidbrink nennt noch einen Punkt, der sich äußerst ungünstig auf Freundesbeziehungen auswirken kann - und vor allem auf Eltern stark zutrifft: "Auch das Lebensalter, also wenn man um die 40 Jahre alt ist, wirkt sich negativ aus", sagt Heidbrink. Viele Menschen in diesem Alter hätten nämlich Familie und seien zudem häufig gerade auch "besonders stark beruflich engagiert".
Was für die Kinderlosen noch ein Thema ist, ist die Wahl des Treffpunktes: "Ich hätte es oft lieber, wenn die befreundeten Eltern zu uns nach Hause kommen", sagt Michael Schuster. Vorgeblich wissend, dass es für die Betroffenen wohl um einiges schwieriger sei, sich mit Kindern aus den eigenen vier Wänden zu bewegen. Katharina Knoll hat öfters Besuch von Groß und Klein, kennt aber auch die Nachteile: "Ich bin mir nicht sicher, ob die Kinder all das, was sie bei uns machen, auch zu Hause machen dürfen. Manchmal habe ich den Eindruck, die Eltern geben ihre Aufsicht bei uns an der Türe ab." (Peter Mayr und Karin Moser, DER STANDARD, Pintausgabe, 30.01.2010)