Theatermacher, allein zu Haus: Wolfgang Kraßnitzer am Stadttheater Klagenfurt.

Foto: Helge Bauer

Nachdem Der Ignorant und der Wahnsinnige nach der Uraufführung bei den Salzburger Festspielen anno 1972 aufgrund nicht erfüllter feuerpolizeilicher Auflagen abgesetzt wurde (zweiminütige absolute Finsternis wurde nicht gestattet), griff Bernhard diese offensichtliche Schikane in seinem Schauspiel vom egomanischen Theatermacher erneut auf und transferierte Kulturfeindlichkeit und Paragrafenhörigkeit in die dumpfe Trostlosigkeit eines Landgasthauses.

Das Provinznest Utzbach steht für die geistfeindliche Grundhaltung einer Gesellschaft, der Bernhard zeit seines Lebens verachtend gegenüberstand. Dass diese Untugenden im besonderen Maße in der gegenwärtigen Befindlichkeit des südlichsten Bundeslandes zu finden sind, verleiht der Aufführung spezielle Brisanz!

Der Theatermacher Bruscon erfährt durch Wolfgang Kraßnitzer eine nahezu ideale Interpretation: Er verkörpert einen äußerst glaubhaften, zwischen Größenwahn und Depression schwankenden, abgetakelten ehemaligen "Staatsschauspieler" , der seine Familie mit einer selbstverfassten "Weltkomödie" tyrannisiert: "Das Rad der Geschichte" .

Mitreißend gestaltet er den Spagat zwischen den verklärten Reminiszenzen und weinerlichen Selbstzweifeln des ehemals gefeierten Stars. Unter Bruscons Dominanz verfällt dessen Frau zur von provokantem, permanentem Husten verzerrten Statistin. Herrlich Hanne Rohrers Bühnenpräsenz, ohne auch nur ein einziges gesprochenes Wort von sich zu geben! Bruscons untalentierter Sohn Ferruccio ist bei Jens Schnarre bestens aufgehoben. Als Tochter Sarah versteht es Sophie Aujesky, in tiefster Unterwürfigkeit zu agieren.

Franz Wyzner verkörpert Bernhards österreichischen "Prototypen" vom dumpfen, kulturlosen, nazistischen Anpasser als Wirt im "Schwarzen Hirsch" in überzeugender, nahezu beängstigender Manier! (Ähnlichkeiten mit lokalen Originalen sind naturgemäß rein zufällig!).

Kurt Josef Schildknecht entspricht in seiner Inszenierung den Vorgaben des Autors, er verzichtet auf überzogene Interpretationen und erzielt eben damit höchstmögliche Intensität. Die Bühne Rudolf Rischers besticht durch entwaffnende Authentizität und fügt dem vergammelten Wirtshausklischee nichts Unnötiges hinzu. (Bernhard Bayer/DER STANDARD, Printausgabe, 3. 3. 2010)