Die Bauern und die ÖVP: Eine harmonische Beziehung. Die SPÖ-Landwirte fühlen sich von ihrer Partei aber auch gut unterstützt.

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Wien - Der Streit von SPÖ und ÖVP um neue Steuern hat die Landwirte erreicht. Wie sehr sollen die Bauern zur Rettung des maroden Staatshaushalts beitragen? Die Frage entzweit momentan die Koalitionsparteien und reißt alte ideologische Gräben auf.

"Zunehmende Bauernfeindlichkeit", lautet der Vorwurf, den Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP) an den Koalitionspartner richtet. Vertreter der SPÖ würden Landwirte als Steuerflüchtlinge bezeichnen, empörte sich Berlakovich vor Ostern. "Die SPÖ ist nicht bauernfeindlich", sagt Monika Kaufmann, Vorsitzende der SPÖ-Bauern, nun zu derStandard.at. "Anscheinend ist etwas bauernfeindlich, nur weil es nicht aus der ÖVP kommt."

"Bauern zahlen kaum Steuern"

Die Vorgeschichte: Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm rügte Ende März einen Gesetzesentwurf von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP), in dem die bisherigen Einheitswerte unangetastet bleiben. Die sogenannten Einheitswerte bezeichnen die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Grund und Boden. Muhm: "Wenn die Einheitswerte festgeschrieben werden, dann wird auch festgeschrieben, dass die Bauern in Zukunft kaum Steuern und Abgaben zahlen." Aus der Höhe der Einheitswerte leiten sich die Abgaben der Bauern ab (siehe Wissen), und da würden dem Staat laut Arbeiterkammer jährlich 200 Millionen Euro entgehen.

Aus Prölls Büro hieß es dazu: Eine neue Erhebung der Einheitswerte sei "administrativ relativ aufwendig", außerdem fehle der "politische Wille" für eine Grundsteuererhöhung. Unausgesprochener Nachsatz: Den Bauernvertretern - also in erster Linie dem ÖVP-Bauernbund - wäre es durchaus Recht, wenn die zuletzt 1988 erhobenen Einheitswerte blieben, wie sie sind.

Schieder: Mit Pröll "nicht akkordiert"

Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) ließ aber mitteilen, Prölls Gesetzesentwurf sei "nicht akkordiert". Der SPÖ-Staatssekretär erwarte sich sehr wohl eine Diskussion über neue Einheitswerte, heißt es in Schieders Büro auf Anfrage von derStandard.at. "Es geht dabei um eine Aktualisierung, nicht um eine Erhöhung", stellt man klar. Von Berlakovichs Vorwurf der "Bauernfeindlichkeit" fühlt man sich nicht getroffen: Die Aktualisierung einer Steuerbemessungsgrundlage stelle noch keinen Angriff auf eine Berufsgruppe dar.

SPÖ-Bauernvertreterin Kaufmann nimmt ihre Partei generell in Schutz. "Ich weiß, dass meine SPÖ gleich denkt wie ich", sagt sie. "Und ich weiß, dass es nicht gegen schwache Betriebe geht." Sie sei zwar froh, wenn man die bestehenden Einheitswerte fortschriebe, meint Kaufmann, die selbst Viehwirtin im steirischen Vordernberg ist. "Wenn es schon sein muss, dann aber bitte gerecht!"

SPÖ-Landwirte attackieren Bauernbund

Die SPÖ-Bäurin verweist auf ein "Geheimpapier", das im Bauernbund ausgearbeitet worden sei. "Landwirte mit viel Fläche wären die großen Gewinner gewesen", sagt Siegmund Astner, Bundessekretär der SPÖ-Bauern. Profitiert hätten jene Bauern mit großen Ackerflächen und sogenannten Gunstlagen, und gerade kleine Vieh- und Bergbauern hätten das Nachsehen gehabt, zürnt Astner, dem das Papier schon 2009 zugespielt worden sei.

Laut SPÖ-Bauer Astner musste der Bauernbund seinen Großbauer-freundlichen Entwurf inzwischen wieder in der Schublade verräumen. "Die Wahrheit ist: Wir haben die Bauern gerettet vor vielen Steuern", sagt er.

Bauernbund ortet "Klassenkampf"-Rhetorik

Im Bauernbund bestreitet man die Darstellung der SPÖ-Bauern vehement. "Ich warne davor, diese wichtige Materie für politische Spielchen zu missbrauchen. Wir brauchen besonders für die Einheitswertdebatte eine fachlich fundierte Diskussion, und diese kann im Rahmen des von Finanzminister Josef Pröll eingeleiteten Begutachtungsverfahrens geführt werden. Hier wird sich zeigen, wer wirklich im Interesse der Bäuerinnen und Bauern handelt", sagt Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch.

Die Vorwürfe der SPÖ-Bauern, wonach der Bauernbund kleinen Landwirten schaden wolle, werte man als "reines Parteigeklingel". Auch auf die "Kampfrhetorik" der Arbeiterkammer wolle man nicht näher eingehen.

Wie in alten Zeiten: Arbeitnehmer vs. Bauern

Berlakovich verweist sicherheitshalber darauf, dass Österreichs Landwirte im Jahr 2009 einen durchschnittlichen Einkommensrückgang von 20 Prozent hinnehmen mussten. Er sagt, die SPÖ-dominierte Arbeiterkammer führe eine Neiddebatte gegen die Bauern. Die Arbeiterkammer hatte auch gefordert, Bauern nach ihrem Betriebsergebnis zu besteuern, für den Fall, dass die Einheitswerte weiter unangetastet blieben. Eine Forderung, bei der nicht einmal die SPÖ-Bauern mitkönnen.

Prölls Begutachtungsentwurf, der die Einheitswerte unberührt lässt, hat die Kampflinien für die nächsten Wochen jedenfalls sichtbar gemacht: Arbeiter hüben, Landwirte drüben. (Lukas Kapeller/derStandard.at, 1.4.2010)