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"Wir wollen draußen bleiben." Um einem männlichen Geburtstrauma vorzubeugen, sollten Männer lieber im Wartesaal bleiben.

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Im Blätterwald hat sich in den letzten Monaten ein neues Thema aufgetan: die Frage nämlich, ob es dem Kindsvater zuzumuten sei, der Frau bei der Geburt beizustehen. Entgegen dem "gesellschaftlichen Druck", der Männer seit den 1980ern als Unmenschen darstellt, wenn sie sich dieser Erfahrung verweigern, nehmen sich angeblich immer mehr werdende Väter das Recht, nein zu sagen.

Uns interessiert an der Diskussion, was Frauen darüber denken. Eine werdende Mutter und eine, die die Achterbahnfahrt Geburt bereits hinter sich hat, beziehen Position:

***Pro – einer werdenden Mutter

Was erwartet frau sich, wenn der Kindsvater mit in den Kreißsaal kommt? Die meisten vermutlich nichts außergewöhnliches: Anwesenheit, Empathie und den einen oder anderen guten Witz. Ansonsten kann er ja wirklich nichts tun: weder den Geburtsvorgang beschleunigen noch medizinisch irgendetwas bewirken. Andererseits ist das aber auch gar nicht so wenig. Schließlich kann sich so eine Geburt über viele, viele Stunden hinziehen. Und dafür gebührt dem werdenden Vater auf jeden Fall Respekt.

Argumente, die die Anwesenheit des Vaters kritisch beleuchten, häufen sich in letzter Zeit. Glaubt man einschlägigen Medienberichten, dann gibt es viele Männer, die mit ihrer Hilflosigkeit in der Geburtssituation schwer umgehen können und dann womöglich ein "männliches Geburtstrauma" davontragen. Und dann ist da noch das Problem mit dem Sex, wie der österreichische Autor Franzobel kürzlich in einem Pärchenporträt in der WOMAN gestand. Die Anwesenheit bei der Geburt sei "für das Sexleben nicht das Beste", weshalb er lieber draußen warte.

Angesichts solcher Bedenken von männlicher Seite würde wohl keine Frau wollen, dass ihr Partner mit in den Kreißsaal kommt. Frauen in dieser Extrem-Situation brauchen kein Gegenüber, der sie nach sexuellen Gesichtspunkten bewertet. Sie brauchen einen Freund oder eine Freundin. Wenn ein Partner emotional und gedanklich hier nicht switchen kann, ist er wirklich fehl am Platz.

Ein wichtiger Punkt fehlt aber noch: Denn das neue Argument, dass Männer für eine Geburt vielleicht psychisch nicht geschaffen seien, sagt auch etwas über das vorgestellte Geschlechterverhältnis aus. Diskutiert wird wieder über die Differenzen der Geschlechter, die eine Geburt einmal mehr zur "Frauensache" machen, bei der Männer nichts zu suchen haben (außer natürlich als "der Herr Doktor"). Die Kindsväter werden so aus der Verantwortung für eine gemeinsam verursachte Situation entlassen und stecken damit schon ganz früh und zart die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Elternschaft ab. Nicht zuletzt in guter Hoffnung auf eine gemeinsame Elternschaft sollte der Vater also mit den Kreißsaal. (freu)

Contra--- einer Mutter

Gut gemeint war es wohl, als werdende Väter zu Beginn der 80er-Jahre dazu angehalten worden sind, bei der Entbindung ihrer Kinder dabei zu sein. Hatte sich doch im Zuge des alternativen Flügels der Frauenbewegung die Überzeugung breit gemacht, damit Männer frühzeitig auf ihre Vaterrolle einstimmen zu können und zugleich die Beziehung und das Verständnis der Geschlechter zu verbessern. Gefragt wurden weder die Frauen noch die Männer, eine Co-Entbindung galt einfach als aufgeklärt und progressiv, sie war modern.

Von nun an wurden die armen Tropfe zum Schwangerschaftsturnen mitgeschleppt, wo sie bei Entspannungsübungen um die Wette hechelten, um zu gegebener Zeit, ihren "Mann zu stellen", also der Frau beizustehen.

Doch die Separierung der Geschlechter gerade dort aufzuheben, wo die Frau die ganze Arbeit leistet und der Mann quasi nutzlos daneben steht, erweist sich als kontraproduktiv. Denn eine Gebärende ist so sehr mit diesem Vorgang beschäftigt, dass ihr ein Händchen haltender Gespons, der sie vielleicht auch noch mit Mahnungen zur "richtigen" Atmung stört, kaum hilfreich sein kann.

Lasst die Frauen endlich wieder in Ruhe gebären und verbannt die Männer dorthin, wo sie sich wohl fühlen und nicht stören. Denn gut gemeint ist nicht immer die beste Lösung. (dabu, dieStandard.at, 13.4.2010)