All by myself: Eingestimmt wurde das Publikum mit Musik aus den späten 60er und Anfang der 70er Jahre.

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Alte Männer erinnern sich alter Zeiten: Hannes Androsch (li.) und Josef Taus.

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Der Pensionistenverband gedenkt Kreisky.

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Der aktuelle Bundespräsident Heinz Fischer und der damalige Kanzler Kreisky 1970 auf Wahlkampfreise.

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Bruno Kreisky ist tot, lang lebe Bruno Kreisky. Die SPÖ feiert dieser Tage den vierzigsten Jahrestag des Beginns der ersten von vier Regierungen ihres Sonnenkönigs. Denn wenn nichts mehr geht, in der Sozialdemokratie, zieht immer noch der jahrzehntelang beliebteste Politiker Österreichs, der von 1970 bis 1983 insgesamt 13 Jahre lang den Kanzler gab und das Land nachhaltig reformierte.

So begrüßte das Publikum, altersmäßig zum Großteil Wegbegleiter des berühmten Parteivorsitzenden, dessen damaligen Finanzminister Hannes Androsch mit begeistertem Applaus, ebenso wie den Veranstalter und Chef des Pensionistenverbands Karl Blecha. 12 verlorene Wahlen der aktuellen SPÖ in Folge, lassen die Alleinregierung Kreiskys 1970 da noch strahlender erscheinen. Diese Männer der "alten Generation sind noch ehrliche Sozialdemokraten. Die halten was auf die Grundwerte", sagt ein Herr vor Beginn der Veranstaltung im Theater Akzent im vierten Wiener Gemeindebezirk.

"Keine Kürzungen der Pensionen"

Davon könne sich ein Werner Faymann eine Scheibe abschneiden. Dessen Fernbleiben von der Jubiläumsveranstaltung - der Kanzler war wegen der aktuellen Europäischen Fragestunde im Parlament offenbar unabkömmlich - schmerzte die Anwesenden dementsprechend wenig. Auch in dem anschließenden Themenblock ging es ausschließlich um die Vergangenheit, nicht um die Gegenwart. Als Vertreter der aktuellen Regierung war Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer angetreten, Werbung bei der alten Generation zu machen. Und so ließ er es sich nicht nehmen, am Ende seiner Rede den Pensionisten zu versichern, dass, Einsparungen hin oder her, "hiermit von mir klargestellt wird, dass es keine Kürzungen der Pensionen geben wird." 

"Unheimlich rasch von Versprechen zu Umsetzung"

Außerdem sah er Parallelen der Kreisky-Zeit und heute: Themen seien immer noch Armut und Arbeitslosigkeit, die SPÖ nehme sich immer noch dieser Bereiche an. Blecha würdigte in seiner Rede das Talent Kreiskys, "immer einen Konsens gefunden zu haben, der alle Parlamentsparteien vereinte." Außerdem seien damals Wahlversprechen etwas wert gewesen, "es ging da unheimlich rasch von Versprechen zu Umsetzung."

Um die Worte zu untermauern ging es mit einem Kurzfilm weiter, der weniger eine Dokumentation über den großen Vorsitzenden war, denn ein Werbefilm für die SPÖ. Alte Interviews mit Kreisky nahmen wenig Platz ein - der Schwerpunkt lag auf den (damaligen) Errungenschaften der SPÖ und dem Versuch der ÖVP diese Ziele zum Wohle der Menschen verhindern zu wollen.

Kreisky als Reformer

Die Bedeutung Kreiskys als Reformer kam etwas zu kurz; auch sein Mut eine Minderheitsregierung mit Hilfe der FPÖ zu bilden. Das Wagnis ging auf: Ein Jahr später bekam die SPÖ die Absolute. Kreisky reformierte das Schul-, Sozial- und Rechtssystem, in seiner Amtszeit wurde unter anderem Abtreibung gesetzlich ermöglicht, Homosexualität legalisiert, die Studiengebühren abgeschafft, die 40-Stunden-Woche eingeführt oder Sozialleistungen für Arbeitnehmer ausgeweitet.

In der anschließenden Diskussionsrunde erinnerten sich die alten Männer der Sozialdemokratie an die alten Zeiten, parteipolitisch aufgelockert durch die Anwesenheit des Ex-VP-Chefs Josef Taus. Der Tenor blieb gleich: Kreisky war und ist der "erfolgreichste Parteipolitiker der zweiten Republik." 

"Mut zur Politik"

Und obwohl das Publikum es an Anerkennung und Respekt vor Kreisky nicht mangeln ließ, blieb die Stimmung skeptisch. Das Zutrauen darin, dass eine solche goldene Phase der Sozialdemokratie in erwähnenswerter Zukunft erneut stattfindet, war kaum vorhanden. Die Realität hat selbst den Säulenheiligen und seinen Ruf eingeholt. Und daran, dass es der aktuelle Kanzler schafft, den Worten Kreiskys neues Leben einzuhauchen, glaubten die wenigsten. Androsch schloß mit einem Kreisky-Zitat: "Man kann etwas umsetzen, das setzt aber voraus, nicht Angst vor dem Mut, sondern Mut zur Politik zu haben." (nik, derStandard.at, 21.4.2010)