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Foto: APA/Haselmayer

Endlich Fußball-WM! Endlich wieder gemeinsames Schauen (Public Viewing), gemeinsames Trinken (Public Zumaching) und gemeinsame Halbzeitpause (Public Peeing).

Weil aber eh schon jeder zu wissen glaubt, wie sie ausgeht (siehe etwa hier), hat das Beratungsunternehmen "Ziel Consulting" völlig neue Wege beschritten und den so genannten "Corporate Football World Cup 2010" veranstaltet - oder besser gesagt: durchgeführt. Im Wesentlichen beschränkte sich dieser Event nämlich darauf, die jeweils größten Firmen der WM-Teilnehmerländer gemäß WM-Gruppenplan gegeneinander antreten zu lassen - ein reines Papier-Turnier gewissermaßen. Und wie im richtigen Leben auch konnten hier manche Länder nicht in Bestbesetzung antreten, weil etwa die Verfassung der Firma BP gerade buchstäblich unter aller Sau ist. Für England, angeblich ja das Mutterland des Fußballs, wurde deshalb die HSBC Holding nachnominiert.

Die "Spiele" wurden in Form eines ausgeklügelten Vergleichs von EBIT-Margen (vulgo "Angriff"), Wachstumsraten ("Mittelfeld") und Verschuldungsgraden ("Verteidigung") ausgetragen. Weltmeister - soviel sei hier verraten - wurde Südkorea (Samsung) mit einem 1:0 über Südafrika (Sasol). Die Schweiz (Nestlé) konnte den Heimvorteil - die Firma "Ziel Consulting" sitzt am Zürichsee - gut ausnützen und scheiterte erst im Semifinale.

Neben England war auch der Auftritt Nordkoreas bei diesem Turnier problembehaftet. Dort ist ja, wie man im Wiener MAK sicher gerne bestätigt, quasi jede Firma höchstens eine "Public Private Partnership", beziehungsweise hält das Land - um es mit "Ziel Consulting" auszudrücken - "internationale Regeln nicht ein". Deshalb spielte in Gruppe G offiziell eine "unbekannte Firma" mit, und diese - nennen wir sie hier einfach "Nobodies Inc." - holte sich die gerechte Strafe fürs Nichtkooperieren ab und wurde prompt konkursreif geschossen: 0:3 gegen Petrobras (Brasilien), 0:7 (!) gegen Energias de Portugal, 0:5 gegen die Societé Ivoirienne de Raffinage (Elfenbeinküste).

Für Österreich bedeutet dies alles einen großen Erfolg: Die Alpenrepublik durfte nicht antreten und konnte deshalb auch nicht scheitern - dem ÖFB und seiner buchstäblich recht billigen, zuletzt aber immer wieder erfolgreichen Methode, nur noch bei Weltmeisterschaften im europäischen Ausland anzutreten, sei's gedankt. Mit der OMV, die sich gerade mit der Pipeline "Nabucco" gehörig zu verdribbeln droht, hätten wir die Vorrunde wohl eh nicht überstanden.

Nun gilt es, die gewonnene Zeit zu nutzen und für den übernächsten "Corporate Football World Cup" zu planen. Ohne den einen oder anderen Merger wird nämlich hierzulande kein ernstzunehmender Titelanwärter herausschauen. Den Kern der Wödmasta AG aus Österreich muss natürlich eine völlig neu aufgestellte ÖIAG bilden, mit ein paar entscheidenden Verstärkungen - sowohl was die Offensive betrifft (Red Bull und die wahnsinnigsten Projekte der Hypo Alpe Adria), als auch was die Verteidigung angeht (Meinl Bank und alle Firmen, in denen Karl-Heinz Grasser bis dahin noch tätig sein wird). Corporate World Cup, wir kommen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 11.6.2010)