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Vor dem Rathaus in Lissabon, in dem der am Freitag auf Lanzarote verstorbene Saramago aufgebahrt wurde, hält ein Mann eine Rose zu Ehren des Literaturnobelpreisträgers in der Hand. Die vatikanische Tageszeitung "L'Osservatore Romano" hat den am Freitag verstorbenen Schriftsteller postum angegriffen und ihn als "populistischen Extremisten" bezeichnet.

Foto: AP/Francisco Seco

Rom - Die vatikanische Tageszeitung "L'Osservatore Romano" hat den am Freitag verstorbenen Schriftsteller Jose Saramago postum angegriffen und ihn als "populistischen Extremisten" bezeichnet. In der Sonntagsausgabe des vatikanischen Sprachrohrs wurde der im Alter von 87 Jahren verstorbene Literaturnobelpreisträger wegen seiner "anti-religiösen Ideologie" scharf kritisiert. Das Blatt bezeichnete den Kommunisten und Atheisten als "Mensch und Intellektuellen, der keinerlei Metaphysik zuließ". "Bis zuletzt war er in seinem unerschütterlichen Vertrauen in den historischen Materialismus, also im Marxismus, blockiert", schriebt das Blatt.

Saramago habe die Kreuzzüge und die Inquisition scharf verurteilt, dabei aber vollkommen die Ära der Gulags in Russland vergessen, schrieb "L'Osservatore Romano" in seinem Leitartikel. Das Blatt kritisierte den Autor als Populisten, der für alles einen Gott beschuldigte, an den er wegen seines allwissenden Verhaltens nie geglaubt habe.

Ideologische Kritik

Saramago hatte den Vatikan und die katholische Kirche mit seinem Werk "Das Evangelium nach Jesus Christus" (1992) stark irritiert. Das Werk war auch in Portugal wegen angeblicher Verletzung religiöser Gefühle kritisiert worden. Der Schriftsteller hatte in dem Buch den Gottessohn als Jüngling dargestellt, der auch an seinem eigenen Glauben zweifeln kann.

Der Vatikan hatte sich 1998 pikiert über den Literaturnobelpreis für den portugiesischen Schriftsteller gezeigt. "L'Osservatore Romano" hatte Saramago damals als "unverbesserlichen Kommunisten" bezeichnet. Die Nominierung des Portugiesen stelle eine "ideologisch geprägte Anerkennung" dar. Saramago habe mit seinem Werk "Das Evangelium nach Jesus" eine "grundlegend anti-religiöse Haltung" eingenommen.

Letzter Roman

José Saramago wird in Lissabon eingeäschert, am 25. Juni veröffentlicht Hoffmann und Campe seinen neuen Roman "Die Reise des Elefanten", in dem Saramago auf Grundlage historischer Tatsachen die Geschichte eines Elefanten erzählt, der im 16. Jahrhundert von Lissabon an den Wiener Hof gebracht wurde. (APA)