Berufsbildende Schulen sollen in Österreich reformiert werden, fordern die Grünen. Bildungssprecher Harald Walser bezeichnete Polytechnische und Berufsschulen als "bildungspoltiische Sackgassen". Das Konzept der Grünen sieht vor, das derzeitig duale Modell - parallele Ausbildung in Berufsschule und Betrieb -  in ein dreistufiges System umzuwandeln und gleichzeitig die Schulpflicht bis 16 auszudehnen.

Polytechnische- und Berufsschulen sollen aufgewertet und um allgemeinbildende Inhalte erweitert werden. In dieser "Sekundarstufe II in Modulform" müsse "prinzipiell immer ein Wechsel an eine AHS oder berufsbildende höhere Schule und damit auch ein Maturaabschluss möglich sein", forderte Walser.

Schulwechsel auch für Lehrlinge

Dieses Modell bedeute keine Abschaffung, sondern eine Aufwertung von Poly und Berufsschule, betonte er. Wer schon mit 14 Jahren wisse, dass er etwa in eine handwerklich geprägte Schule gehen will, könne das machen. "Aber es gibt dann eben als Ausweitung auch diese berufsorientierende Schule. Wer dort hingeht und merkt, er hätte doch besser in die Handelsakademie gehen sollen, soll speziell im ersten Jahr so viel Allgemeinbildung mitbekommen, dass dieser Wechsel möglich ist." Dazu müssten die Lehrpläne in den weiterführenden Schulen so abgestimmt werden, dass im ersten Jahr noch keine Fächer angeboten werden, die Neuzugänge ausschließen.

Kritik an Neuer Mittelschule

Während die Grünen bereits an Konzepten für mehr Chancengleichheit für die über 14-Jährigen tüfteln, sieht Walser die Neue Mittelschule als Schritt in Richtung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen nach zwei Jahren als gescheitert an. "Das ist nicht einmal ein Schrittchen in die richtige Richtung, weil das Grundübel - die zu frühe Trennung der Kinder - nicht ansatzweise gelöst wird", kritisiert Walser. Zwar seien in einigen Neuen Mittelschulen tatsächlich neue pädagogische Konzepte verwirklicht und damit die Hauptschule verbessert worden. "Aber mehr nicht. In Wirklichkeit ist es sogar ein Schritt zurück, weil wir aus einem dreigliedrigen Schulsystem - Hauptschule, AHS, Sonderschule - ein viergliedriges gemacht haben."

Für eine wirkliche Umstellung auf eine Gemeinsame Schule fehlt aus Walsers Sicht neben einer besseren Qualifikation angehender Lehrer auch zusätzliches Unterstützungspersonal wie Psychologen, Sozialarbeiter oder Krankenschwestern. "Der Lehrer hat die Aufgabe, den Lernerfolg zu organisieren und nicht Randthemen zu behandeln wie soziale Probleme, medizinische Fragen, Ernährung oder bestimmte Auffälligkeiten wie Legasthenie."

Walser für Campusschulen

Auch die räumliche Aufteilung der Schulen müsse überdacht werden, schließt sich Walser der Forderung des oberösterreichischen Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer an, AHS-Unterstufen und Hauptschulen zu größeren Schwerpunktschulen zusammenzuschließen. "Wir sollten nach Möglichkeit Campusschulen errichten, wo vom Baby bis zum Maturanten, unterteilt in Zentren für die jeweiligen Altersgruppen, alle in einem bestimmten Gebiet lernen können."

Das dürfe keinesfalls zu einer Aushungerung des ländlichen Raums führen. Gerade bei Kleinstschulen bestehe jedoch die Gefahr, dass die Schüler schließlich die Leidtragenden sind, weil ihnen weniger geboten wird als an größeren Schulen. "Wenn wir das System verändern wollen", betont Walser, "wird man sich auch Gedanken machen müssen, wo man vergrößern oder Schulen zusammenlegen kann." (APA)