Montage: derStandard.at

Jetzt, wo die Plastiktröten zumindest in Südafrika nur noch auf taube Ohren stoßen, ist es Zeit, ein erstes Resümee über die Fußball-WM herzuziehen. Die Vuvuzelas - schon das Wort allein sorgt bei Fußballfans für Hörschneckenflattern im fortgeschrittenen Stadion - kosten im chinesischen Großhandel angeblich stolze 25 Cent. Erfahrene Konsumenten mit viel Übersicht haben sie im österreichischen Sportartikelhandel aber bereits um unter zehn Euro erspäht - ein erster Vorgeschmack dessen, was uns nach einer massiven Yuan-Aufwertung alles blühen wird.

(Ob der Name der Plastiktröten tatsächlich vom Bantu-Ausdruck für "Lärm machen" abstammt, oder doch nur ein Township-Slangausdruck für "duschen" ist, weiß man übrigens immer noch nicht. Sollte die Sprachwissenschaft jemals so weit sein, Ersteres zweifelsfrei feststellen zu können: geschenkt.)

"Das häufigste Fan-Souvenir aus Südafrika wird vermutlich ein Tinnitus sein", so der deutsche Musikpsychologe Reinhard Kopiez unlängst in einer Steilvorlage. Er hat bei einem Vuvuzela-Überzahlspiel unlängst einen Schalldruckpegel von 115 Dezibel gemessen. Der deutsche Hörakustik-Professor Eckhard Hoffmann konnte nach einem weiteren Testspiel sogar 160 Dezibel aufbieten. Außerhalb eines südafrikanischen Fußballstadions bekommt man nur dann ein ungefähres Gefühl für diese Lärmhölle, wenn 500 jaulende Fußballfans im Super-Airbus zwei Meter über einem drüberdonnern, während man selbst einen Presslufthammer bedient.

Die Fernsehstationen haben sich auf den Krach mittlerweile taktisch gut eingestellt, und auch der im Vorfeld der WM viel kritisierte Fifa-Chef Blatter beließ es einstweilen bei einer nicht einmal angedrohten gelben Karte für das Heimpublikum. Dieses wiederum wollte schon im ersten Spiel seine "Bafana Bafana" zum Triumph über Mexiko tröten, im zweiten Spiel gegen Uruguay sollte dann schon der Durchmarsch ins Achtelfinale geblasen werden. Leider haben die bunten Tröten aber - das kann man nach dem Remis und der recht deutlichen Niederlage schon ganz leise in die Welt hinaus posaunen - einen gravierenden Nachteil: Sie sind völlig wirkungslos. Die Folge: Nicht nur dann, wenn es hier tatsächlich mit dem Teufel zugehen sollte - und die Vuvuzelas sind ein seriöser Hinweis darauf -, scheidet Südafrika verdient in der Vorrunde aus.

Im Kampf gegen den drohenden südafrikanischen Katzenjammer endlich auch Österreich wieder mitspielen zu lassen, könnte für die Fifa der Jolly Joker sein. Die Alpenrepublik, die schon bei so vielen Fußball-Endrunden angewandten Altruismus zur Schau gestellt hat, verfügt über bestens trainierte Kriseninterventionsteams, die genau wissen, wie man akute Depression infolge viel zu frühen Ausscheidens überdribbelt.

In einem zweiten Schritt muss Blatter freilich den einen oder anderen aufgelegten Elfer verwandeln. Um gar nicht erst zu riskieren, dass die Stimmung bei einer WM kippt, sollte eine leichte Anpassung des Reglements überlegt werden.

Hier deshalb der lange erwartete Outeinwurf aus Wien: Gastgeberteams sollten auch weiterhin einen Fixplatz haben - allerdings nicht in der Endrunde, sondern im Finale. Ein zu frühes Ausscheiden muss dann im Vorfeld an den Stammtischen nicht einmal theoretisch diskutiert werden. Als Dank für diesen Tipp sollte Österreich dazu gedrängt werden, sich für die Austragung der übernächsten WM zu bewerben. Gemeinsam mit Ungarn. Und die Blasmusikkonzerte, die Blatter dann im Happel zu hören bekommt, machen ihn endgültig taub für alle nur denkbaren Rücktrittsaufforderungen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 21.6.2010)