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Die Überprüfung der bei der Agentur eingereichten Arbeiten würde zu lange dauern, so Weber.

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Auf seiner Homepage bietet Weber seine Dienste als "Sachverständiger für wissenschaftliche Texte und Content-Qualitätssicherung" an.

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Schwere Kritik übt der Salzburger Medienwissenschafter Stefan Weber an der seit dem Vorjahr bestehenden Agentur für wissenschaftliche Integrität (AWI). Diese sei "ein Feigenblatt. Sie funktioniert nicht. Es wird gebunkert und geschwiegen wie zuvor", so Weber. Um "mehr Bewegung und Transparenz ins Wissenschaftssystem zu bringen als die AWI", hat Weber nun ein "Blog für wissenschaftliche Redlichkeit" online gestellt, in dem er regelmäßig über Fälle berichten will, die unaufgeklärt sind oder bei denen "genaueres Hinschauen vonnöten gewesen wäre".

Die AWI wurde unter dem Eindruck von Plagiatsfällen und Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens von Unis und Wissenschaftseinrichtungen gegründet. Die ausschließlich aus ausländischen Experten zusammengesetzte Kommission der Agentur unter dem Vorsitz der deutschen Biowissenschafterin Ulrike Beisiegel hat sich genau vor einem Jahr konstituiert. Aufgabe des Gremiums ist es, Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich nachzugehen und zu bewerten.

Weber, der in den vergangenen Jahren zahlreiche Plagiatsfälle aufgedeckt hat, hat "als Testfall für das Funktionieren des Procederes" der Kommission im Juli 2009 einen Plagiatsverdachtsfall geschickt. Der Vorwurf, der laut Weber von einem anonymen Informanten gekommen war, sei für ihn uneindeutig gewesen.

Reaktion wie ein Orakelspruch

Im Mai sei nun die schriftliche Reaktion der Kommission gekommen, wonach der Verdacht auf Fehlverhalten unbegründet sei. Weber kritisiert nicht nur, dass "das Procedere viel zu lange dauert", sondern auch, dass keine Begründung für die Einschätzung der Kommission mitgeliefert wird: "Das ist wie ein Orakelspruch oder eine bischöfliche Weisung." Nach Ansicht des Experten müsste die Kommission sehr wohl Gründe, etwa in Form von anonymisierten Gutachter-Auszügen, angeben, wie dies etwa bei der Ablehnung von Forschungsprojekt-Anträgen üblich sei. Andernfalls erscheine das "völlig willkürlich und nicht nachvollziehbar", so Weber, der gleichlautende Kritik an der AWI auch von anderen Wissenschaftern vernommen hat.

Kein vertrauensvolles Klima

Kritik übt Weber auch an der Formulierung der Kommission, die in der Reaktion von einem "von Ihnen erhobenen Plagiatsvorwurf" schreibt. "Die Kommission bringt damit den, der sich an sie wendet, von vornherein in die Position, dass sie seinen angeblichen Vorwurf falsifizieren kann. Sie übersieht, dass der, der die Kommission anruft, dies auch und gerade im Zweifelsfall tun kann". Für Weber schafft die AWI damit "kein Klima, in dem man sich vertrauensvoll an sie wenden kann".

Der Vorsitzende des Trägervereins der AWI, der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christoph Kratky, lässt die Kritik Webers nicht gelten: Die AWI gebe dem Medienwissenschafter keine Begründung, weil dieser in dem Fall "kein Betroffener" sei und dadurch keinen Anspruch darauf habe. "Ich verstehe, dass er gerne die Information gehabt hätte, aber das geht ihn nichts an", sagte Kratky. Alles andere wäre "mit den Grundprinzipien einer solchen Institution nicht vereinbar". Um nicht Persönlichkeitsrechte Betroffener zu verletzen, müsse man hier "extrem diskret sein".

Eigenes Blog für wissenschaftliche Qualitätssicherung

Für Kratky hat die AWI den Fall auch "in vernünftiger Zeit" erledigt. Eine solche Sache könne "nicht rasend schnell gehen", man müsse einen facheinschlägigen Gutachter finden, der Zeit für sein Gutachten brauche. "Qualität ist hier wichtiger, als dass es rasend schnell geht", so Kratky. Immer wenn es um Wahrheitsfindung gehe, auch etwa vor Gericht, brauche es Zeit, "Geschwindigkeit ist in der Regel in solchen Fällen kein wichtiges Kriterium".

Auf seiner Homepage bietet Weber seine Dienste als "Sachverständiger für wissenschaftliche Texte und Content-Qualitätssicherung" an, etwa in Form von "Gutachten zur Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis in akademischen Qualifikationsschriften". Weber betont, "niemand an den Pranger zu stellen, sondern nur auf Ungerechtigkeiten im System hinzuweisen und die Universitäten einzuladen, diesen Sachen auf den Grund zu gehen". (APA)