Sexismus raus aus der Werbung: Frauenberger zählt auf die Beteiligung der BürgerInnen.

Foto: Frauenabteilung der Stadt Wien/Logo Aktiv werden gegen Sexismus

Wien - Wiens Frauenstadträtin Sandra Frauenberger zieht in den Kampf gegen sexistische Werbung. "Da die Selbstkontrolle der Werbewirtschaft in Sachen Sexismus nicht ausreichend ist, wird Wien hier eine Vorreiterrolle einnehmen", kündigte die Politikerin am Mittwoch an. Sie stellt deshalb zwei Musterbriefe zum Download bereit, die Interessierte an betroffene Unternehmen senden können.

Statement gegen Sexismus

"Ich beanstande die unten beschriebene Werbemaßnahme, da sie meiner Ansicht nach frauendiskriminierend bzw. sexistisch ist. Sie widerspricht sowohl den Menschenrechten von Frauen als auch den Bestimmungen des Selbstbeschränkungskodex des Österreichischen Werberats", heißt es im Musterbrief: "Das dadurch vermittelte Frauenbild hat verheerende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft und verletzt mich in meiner persönlichen Würde."

Keine Handhabe außer über Jugendschutzgesetz

Derzeit gebe es wegen der fehlenden bundesgesetzlichen Regelung nur die Möglichkeit, nach dem Wiener Jugendschutzgesetz Anzeige zu erstatten, so Frauenberger. Im Falle, dass mit Werbesujets Inhalte vermittelt würden, die junge Menschen in ihrer Entwicklung gefährden, könne eine Geldstrafe von bis zu 15.000 Euro verhängt werden. "Eine bundesweite Regelung zur Eindämmung sexistischer Werbung und dazugehörige Sanktionen wäre aber wünschenswert", unterstrich Frauenberger. Diese könne beispielsweise im Gleichbehandlungsgesetz verankert werden.

"Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft"

Eine Werbung sei schließlich nicht nur dann sexistisch, wenn mit nackten Frauenkörpern ein Produkt verkauft werden solle. Dies gelte auch dann, wenn Frauen abwertend oder sexualisiert dargestellt oder auf stereotype Rollen reduziert würden. Dieser Bilderflut seien Kinder tagtäglich ausgesetzt. "Sexistische Werbung ist daher keine Angelegenheit des persönlichen Geschmacks oder der Ästhetik, sondern hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft", konstatierte Frauenberger.

Erster Protest gegen "Fasstypen"

Die SPÖ-Frauen sind die Sache inzwischen angegangen: Nicole Krotsch, Frauensekretärin der Wiener SozialdemokratInnen, hat im Namen ihrer Gruppe der Brauerei Hirter einen Protestbrief geschrieben. Anlassfall ist die aktuelle Plakatkampagne der Kärntner unter dem Titel "Hirter Fasstypen": Hierbei bedecken drei Frauen ihren nackten Oberkörper nur spärlich mit der einen Hand, während sie in der anderen ein Bier halten.

Die Grünen kommentierten den Schritt als "höchst an der Zeit": "Sexistische Werbung nimmt leider wieder zu, es werden verstärkt Frauenkörper in der Werbung eingesetzt. Dieser Entwicklung muss ein Riegel vorgeschoben werden", so Frauensprecherin Monika Vana, die auch einen verbindlichen Code of Conduct auf EU-Ebene für sinnvoll hält.

Schützinnenhilfe aus Graz

Von Seiten der Unabhängigen Frauenbeauftragten der Stadt Graz, Maggie Jansenberger, ihres Zeichens auch Leiterin der Watchgroup gegen sexistische Werbung, kommt ebenfalls Unterstützung: Sie könne bestätigen, dass gerade die Hirter-Werbung Anlass für zahlreiche Beschwerden gegeben habe.

Dem Werberat wurde der Fall deshalb bereits gemeldet. "Die Reaktion der Brauerei Hirter ist ein Paradebeispiel an Unverständnis", so Jansenberger. "Nach wie vor wird das Erleben von Sexismus als individualisierte Problemwahrnehmung, als eine Frage der Ästhetik, des Geschmacks, oder der subjektiven Befindlichkeit und Empfindlichkeit abgetan. Das führt zur Verschleierung der strukturellen Hintergründe als Ursache für Sexismen."

Verankerung im Gleichbehandlungsgesetz nötig

Allerdings könne der Werberat nichts ausrichten, auch wenn er seinen so genannten Selbstbeschränkungskodex adaptiert habe. Ob das betroffene Unternehmen einer ausgesprochenen Aufforderung, eine Werbung einzustellen, Folge leistet oder nicht, bleibe im Regelfall dem Unternehmen überlassen, betonte Jansenberger, die auf die UN- Frauenrechtskonvention verweist, die Österreich 1982 ratifiziert hat. Diese verpflichtet die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um Vorurteile und geschlechterstereotype Rollenverteilung zu beseitigen - auch in den Bereichen Medien und Werbung.

"Eine bundesgesetzliche Regelung durch eine Verankerung im Gleichbehandlungsgesetz ist dringend notwendig, um wirksam gegen sexistische Werbung vorgehen zu können. In Kroatien und Island funktioniert das bereits, Norwegen ist auf dem Weg."

FPÖ: Ablenkung von Brandherden

Nichts von der Idee hält die FPÖ, die Frauenberger ein Ablenkungsmanöver unterstellt, "um von den wirklichen Problemen der Stadt abzulenken." Dabei, so der Landesparteisekretär der FPÖ-Wien Hans-Jörg Jenewein, hätte sie als Wiener Integrationsstadträtin "einiges zu tun", weil ihre Partei "hunderttausend Zuwanderer nach Österreich" zu bringen versuche.

Außerdem prangerte er an, dass die "Feministenabteilung innerhalb der Wiener SPÖ" bei der Werbung mit dem "coke-light-man" Ende der 1990er Jahre "keinen Mucks" von sich gegeben habe: "Damals wurde ebenfalls mit der Erotik in der Darstellung des Hauptakteurs gespielt und es gab von der SPÖ keinerlei Protest. Vermutlich deshalb, weil es sich dabei ja 'nur' um einen Mann gehandelt hat." (APA/red)