Bild nicht mehr verfügbar.

"Plötzlich kommt ein Blitzlichtgewitter." Unverhofft in der ersten Reihe mit Le Pen: der oberösterreichische EU-Abgeordnete Obermayr (2.v.r.).

Foto: Epa

Bild nicht mehr verfügbar.

EU-Abgeordneter Obermayr: Dass am Yasukuni-Schrein Kriegsverbrechern gedacht wird, ist für ihn wegen fehlender Japanisch-Kenntnisse nicht gesichert.

Foto: Epa

Dass Franz Obermayr diese Woche auf internationalen TV-Sendern in der ersten Reihe neben Jean-Marie Le Pen und Adam Walker stand, den Ikonen der Ultra-Nationalisten und Rechtsextremen Europas, war eher ein Zufall. "Plötzlich gibt es zahlreiche Blitzlichtgewitter von einherstürzenden Presseleuten. Aber die Fotografen kommen natürlich nicht wegen dem Obermayr, sondern wegen Monsier Le Pen", sagt der FPÖ-EU-Abgeordnete zu derStandard.at.

Obermayr war bis Mittwoch mit einer Reisegruppe extrem rechter Politiker aus Europa, unter anderem Le Pen und Walker, in Japan unterwegs. Am Wochenende besuchten sie den umstrittenen Yasukuni-Schrein in Tokio, der an die japanischen Opfer des Zweiten Weltkriegs, aber auch an einige Kriegsverbrecher, erinnert. Im Gespräch mit derStandard.at kann Obermayr, der übrigens gemeinsam mit Andreas Mölzer und beider Gattinnen reiste, an seiner Tokio-Reise nichts Schlimmes finden. Demonstranten mit Hakenkreuzschleifen habe er jedenfalls keine gesehen.

***

derStandard.at: Am Yasukuni-Schrein wird neben 2,5 Millionen Kriegsopfern auch verurteilten, hingerichteten Kriegsverbrechern gedacht. Die japanische Regierung ist aus Rücksicht auf China und Südkorea ferngeblieben. Warum waren Sie dort?

Obermayr: Es besteht diese Anlage ja nicht nur aus dem Schrein, der sich den Gefallenen aller Kriege widmet. Auch Kindern und Tieren. Es geht dort nicht nur um die Seelen der Gefallenen, sondern es geht auch um viele andere Dinge, die Bestandteil der japanischen Kultur seit zirka 1872 sind. Ich glaube, es ist angebracht, sich im Rahmen eines Kulturprogramms auch diese Schreinanlage anzusehen.

derStandard.at: Wenn wir bei der Politik bleiben: Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan hat vor zwei Wochen viel Aufsehen erregt, als er sagte, Japan habe während des Zweiten Weltkrieges vielen Ländern großen Schaden und Leid zugefügt. Sehen Sie das auch so?

Obermayr: Ich bin nicht der japanische Ministerpräsident. Bisher war jede japanische Regierung vertreten, und auch heuer waren zahlreiche Parlamentarier dort. Zahlreiche Ex-Minister waren dort, auch der Bürgermeister von Tokio, der zehn Millionen Leute vertritt. Also in der Dimension Österreichs. Es ist das gute Recht eines verantwortungsbewussten Staatsmannes, dass er Entscheidungen trifft...

derStandard.at: Aber Sie teilen die Aussage des japanischen Ministerpräsidenten, dass Japan im Zweiten Weltkrieg - auch davor, aber vor allem auch im Zweiten Weltkrieg - große Fehler gemacht hat?

Obermayr: Natürlich. Das ist ganz klar. Und ich finde das sicher richtig, dass Japan beginnt, sich mit seinen Nachbarn und Partnern auch auszusöhnen. Ich werte diese Schritte jetzt nicht plus und minus. Es ist Sache der Japaner, wie sie das machen.

derStandard.at: Dennoch steht der Vorwurf im Raum, dass am Yasukuni-Schrein die japanische Eroberungspolitik und die Aggressionskriege verherrlicht werden.

Obermayr: Den Yasukuni-Schrein gibt es, wie bereits erwähnt, seit 1872. Der umfasst soviele Themen. Der wird als Festspiel-Location das ganze Jahr über genützt. Es hätte mich auch gefreut, wenn jemand gesagt hätte: Franz Obermayr besucht auch das Denkmal der alleinerziehenden Mütter, der Krieger-Witwen, der Krieger-Kinder und den Schrein der Gefallen der ganzen Welt. Auch dem, muss man sagen, wird dort gedacht.

derStandard.at: Im Hinblick darauf, dass es viel Berichterstattung und Kritik gab: Wäre es nicht klüger und diplomatischer gewesen, den Schrein nicht zu besuchen?

Obermayr: Also, ich lasse mir nicht vorschreiben, was für ein Besuchsprogramm ich zu machen habe. Wenn für sämtliche Japaner das ein Kulturdenkmal ist, ist das so zu akzeptieren. Es ist natürlich bedauerlich, dass es Kriegsverbrechen in jedem Krieg gegeben hat. Wie die Japaner jetzt mit der Aufarbeitung ihrer Geschichte umgehen, ist Sache der Japaner. Aber die Relation zwischen vielleicht auch Kriegsverbrechern - ich muss sagen, ich kann ja kein Japanisch -, die dort auch in diesem Namensschrein angeführt sind und 2,5 Millionen Opfern in Summe, muss man auch ehen.

derStandard.at: Jean-Marie Le Pen hat in Tokio gesagt: Auch die USA müssten wegen der Atombombenabwürfe auf Japan als Kriegsverbrecher gelten. Sehen Sie das auch so?

Obermayr: Ich sehe hier grundsätzlich eine vernünftige Entwicklung. Wie Sie sicher mitbekommen haben, ist heuer erstmals der amerikanische Botschafter zu den Gedenkveranstaltungen um Hiroshima und Nagasaki dabei gewesen. Das ist ein symbolischer Wert. Es ist auch zu akzeptieren, wenn der japanische Ministerpräsident sagt: Der geht nicht hin (zum Yasukuni-Schrein, Anm.), bevor das nicht geregelt ist mit meinem Nachbarn Korea, der sicherlich sehr gelitten hat unter der japanischen Expansion.

derStandard.at: In Medien war zu lesen, am vergangenen Wochenende demonstrierten Rechtsextreme rund um den Yasukuni-Schrein gegen jede Entschuldigung für Japans Eroberungskrieg. Einige trugen neben Japans Flagge die Hakenkreuzfahne auf dem rechten Ärmel. Hat Sie das nicht gestört?

Obermayr: Also, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich weiß nicht, wer das gesehen hat. Dort, wo ich war, habe ich tausende Japaner gesehen, die sehr ruhig, sehr andächtig und besonnen die vielen, vielen Gedenkstätten besucht haben. Ich habe dort niemanden gesehen, der randaliert, demonstriert oder in irgendeiner nationalistischen Form ungut aufgefallen ist.

derStandard.at: Die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek wirft Ihnen die "Verharmlosung millionenfacher kolonialer Unterdrückung und Kriegsverbrechen" vor.

Obermayr: Wenn jemand recht g'scheit redet wie die Frau Lunacek, dann war man erstens nie in dieser Anlage, und dann hätte man sich auch ein bisschen erkundigen müssen, was dort wirklich alles geehrt wird. Ich verherrliche sicherlich nicht Kriegsverbrecher, auf keiner Seite in der Welt. (Lukas Kapeller/derStandard.at, 20.8.2010)