Wien - Die zweite Einvernahme von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser durch Staatsanwälte und Ermittler ist Mittwochnachmittag nach etwas mehr als sechs Stunden beendet worden. Einen weiteren Einvernahme-Termin gebe es nicht, "alle möglichen Fragen sind beantwortet", sagte Grasser anschließend vor dem Gebäude der Meidlinger Kaserne vor Journalisten. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die gegen ihn laufenden Ermittlungen bald eingestellt werden. Er habe alle Vorwürfe entkräftet, versicherte er vor den Journalisten.
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. "Es wird voraussichtlich weitere Einvernahmetermine geben", sagte die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luise Nittel. Termine dafür gebe es noch nicht, der Beschuldigte, also Grasser, werde dann davon unterrichtet. Von einer Einstellung des Verfahrens gegen Grasser sei "keine Rede", betonte sie. "Wir sind mitten im laufenden Ermittlungsverfahren, wir setzen das selbstverständlich fort". Nach der heutigen Einvernahme werde nun das Material gesichtet.
Sein Mandant sei sehr umfassend befragt worden, schilderte Rechtsanwalt Manfred Ainedter. Zur Buwog-Privatisierung, anderen Privatisierungen und zum Thema Novomatic hätten sich die zwei Staatsanwälte und acht Polizisten ausführlich erkundigt. "Es gibt keine Frage, die nicht gestellt wurde", ergänzte Grasser. "Ich gehe davon aus, dass das Verfahren zügig weitergeht bis zur Einstellung."
"Gott sei Dank"
Karl-Heinz Grasser zeigte sich erfreut, dass er bei den seit vergangenen
Oktober laufenden Ermittlungen nun endlich einvernommen worden war: "Gott sei
Dank" habe er nun endlich Gelegenheit gehabt, alle Vorwürfe zu entkräften. Er
habe heute Unterlagen zu seinen Firmenbeteiligungen und auch zu persönlichen
Daten vorgelegt. Er habe aber nichts vorlegen müssen, betonte der
Ex-Finanzminister. Grassers Anwalt Manfred Ainedter erwartet eine Einstellung
des Verfahrens gegen seinen Mandanten noch heuer.
Grasser sei bei der
Befragung nicht mit belastenden Aussagen anderer Beschuldigter konfrontiert
worden, erläuterte Ainedter. Es habe überhaupt keine Belastungen Grasser
gegeben. "Es gibt nur ein paar Indizien, die herumschwirren, aber keine einzige
belastende Aussage", sagte Grassers Anwalt. Ausgenommen sei natürlich die
Aussage von Grassers Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht. Diesbezüglich habe er
heute den Ermittlern auch Unterlagen vorgelegt, wonach Grasser 2006 das ihm
angeblich angetane Unrecht beklagt habe.
Die besonders ausführliche
Befragung Grassers, der vergangenen Donnerstag neun Stunden und heute sechs
Stunden einvernommen worden war, wertet der Anwalt als positiv. Dadurch seien
auch schon Themen bei einem allfälligen U-Ausschuss geklärt worden.
Vorwurf der Bestechung im Raum
Bei
den Fragen zu den Geldflüssen des Glücksspielkonzerns Novomatic habe Grasser
auch alle Vorwürfe entkräftet. Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz hatte Grasser
diesbezüglich Bestechung vorgeworfen. Grasser hat daraufhin Pilz wegen
Verleumdung angezeigt. Novomatic hatte an Grassers Freund Walter Meischberger
450.000 Euro gezahlt. Grasser habe damit nichts zu tun gehabt, versicherte
Ainedter. "Man wollte hier Einfluss nehmen, aber das ist alles ein ganz normaler
demokratiepolitischer Vorgang", betonte Ainedter.
Vergangenen Donnerstag war Grasser zum ersten Mal in den seit rund einem Jahr laufenden Ermittlungen der Justiz zur Buwog-Privatisierung und zu Zahlungen an seine Geschäftspartner und Freunde Walter Meischberger und Peter Hochegger befragt worden. Das Verhör durch zwei Staatsanwälte und sieben Ermittler der Sonderkommission Buwog hatte fast neun Stunden gedauert. Auf Wunsch der Staatsanwaltschaft war der Ort kurzfristig vom Landesgericht Wien ins Bundeskriminalamt verlegt worden. Der ungewohnt medienscheue Grasser hielt sich auch nach der Befragung von den Journalisten fern, lediglich sein Anwalt nahm nach der Befragung vor den Medien Stellung.
Die heutige ungewöhnliche Ortswahl wurde vonseiten der Staatsanwaltschaft
wieder mit "organisatorischen Gründen" erklärt, aber nicht näher erläutert. Das
Anti-Korruptionsamt des Innenministeriums stelle nur die Räumlichkeiten zur
Verfügung, so dessen Sprecher Raschbach. Die zahlreichen Medienvertreter
befürchteten wieder ein "Katz-und-Maus-Spiel". Zunächst hatte Grasser versucht,
bei einem Nebeneingang in die Kaserne hinein und quasi hintenherum zur
Einvernahme zu fahren. Dort wurde er aber offenbar von Bundesheer-Soldaten
wieder abgewiesen. So fuhr er schließlich im Auto seines Anwalts, ein Smart,
durch den Haupteingang auf das gut gesicherte Areal. Die zahlreichen im
strömenden Regen wartenden Journalisten konnten dem Ex-Minister daher einige
kurze Fragen stellen. "Ich habe ein gutes Gefühl", meinte Grasser vor der Einvernahme. Ob er Angst
vor einer eventuellen Untersuchungshaft habe, wollte er nicht einmal
kommentieren: "Lächerliche Fragen" beantworte er nicht. (APA)