Die Einfahrt zur Tiefgarage einst und heute (mehr Bilder in der Ansichtssache).

Foto: WiPark/Blei, derStandard.at

Seit 50 Jahren besteht nun die älteste Tiefgarage Wiens unter dem Votivpark.

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Der Kassenautomat als einzige "moderne" Maschine bei der Jubiläumsausstellung.

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Verkehrsstau am Stephansplatz, Cruisen auf der Kärntnerstraße und 16.000 Autos, die in der Innenstadt parken. Was heute undenkbar erscheint, war Ende der 1950er Jahre Standard. Wer ein Automobil hatte, der wollte es auch nutzen: überall. Zeitungen griffen den bedrohlichen Trend schließlich auf, titelten mit „So kann es nicht weitergehen!" und sprachen von einem Verkehrskollaps in der Stadt.

1960 wurde schließlich reagiert und in der Nähe der Votivkirche die erste Tiefgarage der Stadt eröffnet. 50 Jahre danach feiert nun die Betreibergesellschaft WiPark ihr Jubiläum mit einer Ausstellung rund um das Prestigeprojekt. Wobei Christian Rapp, der die historischen Fotografien und Hintergrundinformationen für die Votivpark-Garage zusammentrug, die Garage als „puren Luxus, den man damals nicht wirklich gebraucht hat" bezeichnet.

Hostessen auf Rollschuhen

Ein Beweis dafür sind vor allem die großzügige Dimensionierung des Baus und die vielen Extras. So gab es etwa in den Anfangsjahren immer wieder Hostessen auf Rollschuhen, die in ihren weinroten Uniformen die Autofahrer in ihre Plätze einwiesen. In der Decke wurden große Lichtschächte eingebaut, damit die Grünflächen zwischen den Parkplätzen genügend Sonnenlicht bekamen. Ein eigener Gärtner sorgte für das propere Aussehen der Pflanzen. Außerdem betrieb die Gesellschaft bis Ende der 1960er Jahre ein eigenes Restaurant und eine Bar im „Untergrund".

Dass auch nach Schließung des Lokals jede Menge Trubel herrschte, kann Josef Bittmann bestätigen, der 1972 als Kassier in der Votivpark-Garage begonnen und 34 Jahre im Unternehmen gearbeitet hatte. „Am beliebtesten waren damals sicher die Drive-In-Bankschalter und -Versicherungen, da gab es jeden Tag einen riesigen Stau in der Garage." 

Die Schalter wurden laut Geschäftsführerin Elfriede Kraft deshalb so gut angenommen, da „die Leute vor allem Anfang der 70er Jahre große Angst vor Banküberfällen hatten und sich in ihrem Auto anscheinend sicherer fühlten". Auch die Bankbeamten seien geschützter gewesen, saßen sie doch hinter Panzerglas und verschoben das Geld nur durch eine Holzlade.

Auch die Prominenz gab sich immer wieder ein Stelldichein in der Garage, wie sich Josef Bittmann erinnert. Peter Alexander, Peter Rapp oder Ernst Fuchs sollen zu den Stammgästen des Hauses gezählt haben.

Sechs Autos: ein Totalschaden

Ein integriertes Autowaschservice gehörte damals ebenfalls zur Ausstattung, genauso der eine oder andere prekäre Zwischenfall. „Wir hatten einen Invaliden als Kunden, der nur ein Bein und deshalb statt des Kupplungspedals auf der linken Seite ein zusätzliches Gaspedal eingebaut hatte", erzählt Bittmann. Deshalb hätte auch nur der Servicemeister den Wagen aus der Waschanlage in den Trocknerraum stellen dürfen. „Doch der Meister hatte an einem Tag anscheinend so viel zu tun, dass es ein normaler Mitarbeiter machen musste. Der Meister hat ihn noch einmal an das zweite Gaspedal erinnert, aber dann war es schon zu spät", erinnert sich Bittmann. „In der ganzen Garage war das Aufheulen des Motors zu hören, bevor es einen lauten Krach gemacht hat und sechs Autos ein Totalschaden waren."

Der Besitzer des Autos sei jedoch nicht böse gewesen. „Wir mussten halt nur den Schaden bezahlen", erzählt der ehemalige Mitarbeiter und lacht. „Damals war das auch noch anders. Wir hatten engen Kontakt zu unseren Kunden und waren so etwas wie eine große Familie."

Vorreiter bei Frauenparkplätzen

Eine weitere Vorreiterrolle haben die Betreiber der Votivpark-Garage vor zwanzig Jahren eingenommen - mit der Einführung der ersten Frauenparkplätze. „Mein Gott, das war teilweise ein Aufstand von den Männern", weiß Bittmann. „Am Anfang haben wir noch versucht zu erklären, dass sie auf denen nicht parken dürfen, aber irgendwann haben wir uns aus der Sache rausgehalten."

Denn dann hätten einige „resolute Damen" die Sache übernommen und uneinsichtigen Männern „die Meinung gegeigt". Daraufhin erfolgte die Beschriftung der Frauenparkplätze durch Sprüche, die von den Garagenmitarbeiter stammen - und das ist noch heute so: „Der Mann von Welt den Frauenparkplatz nicht verstellt." (bbl, derStandard.at, 15.9.2010)