"Dann schon lieber Richard Lugner" trällern die bekannten Wiener Heurigen-Couplet-Amateure Christoph & Lollo auf ihrem Album "Trotzdemtrotz" (2005). Frei interpretiert und vornehm ausgedrückt handelt das Lied davon, dass die ewig gleiche Sau, die durchs immerselbe Society-Dorf getrieben wird, mit dem Ablauf von (Lebens!-)Zeit und sterbensspannenden Brötchenempfängen nach und nach zu einem gewissen Ausdruck des Unbehagens führt, in vielen Fällen konkret auf eine ungut gastrogene Weise.

Richard Lugner jedoch - und das machen Christoph & Lollo in dem Song relativ rasch klar -, Richard Lugner, der aus einfältigen Verhältnissen stammende Baumeister, der mit seiner ebenso auf- wie eindringlichen Art für den großen Teil der Welt keiner dieser schlichten Nervtöter mehr ist, sondern das Prinzip Nerv generell in Frage stellt; Richard Lugner also ist für die beiden Musiker die quasi unter allem trohnende Entität.

Diese Annahme konnte bisher auf der Sicherheit beruhen, dass ein Lugner seinen Nacheiferern in den unendlichen Tiefen des Weltalls immer einen Schritt voraus sein würde.

Jetzt ist es allerdings so, dass Richard Lugner plötzlich auch "singt". Und prompt tut sich für den, der uns so oft und so einzigartig das Unglaubliche schauen ließ, eine neue Herausforderung auf. Ein neuer Gegner.

HC Strache heißt der, soll angeblich als Politiker sein Geld kriegen, hat aber ganz offen hörbar noch andere Schwachpunkte. Einerseits betont er nämlich in seinem neuen hingerapten Verdauungsendprodukt den Namen "Häupl" ganz frech auf der zweiten Silbe und betont damit also, dass er von deutscher Grammatik keine Ahnung hat. Außerdem scheint fehlerfreies Zählen nicht so seine Stärke zu sein - anders sind die akkurat angeordneten Kardinalzahlen im Refrain des "Songs" - die strengste Durchnummerierung, seit Barbara Rosenkranz Kinderbeihilfe beantragt hat - nämlich nicht erklärbar.

Weil nun aber auf Augenhöhe ein Richard Lugner auf ihn zutritt, muss sich Strache warm anziehen, will er in diesem Wettstreit der fidelen Geräuschproleten, in diesem Wettlauf zum Mittelpunkt der Erde nicht wieder nur der Zweite sein.

Für uns dort oben bedeutet das andererseits auch etwas Gutes: 250 Jahre nach Wolfgang Amadeus Mozarts erstem Musikunterricht hat die musikalische Ausdehnung Österreichs ihre maximale Breite erreicht. Die Entwicklung der Alpenrepublik kann in dieser Hinsicht somit als abgeschlossen betrachtet werden. Und diese Feststellung allein könnte - ja müsste, wenn es hier nicht mit den Teufeln zugeht - von den "singenden" Lugners und Straches dieses Landes einiges an Druck wegnehmen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 1.10.2010)