Konsequenzen aus den steirischen und Wiener Wahlergebnissen ziehen: Das war der Auftrag für das SPÖ-Präsidium. Werner Faymann, Laura Rudas und Michael Häupl (v. li.) überlegen noch, wie.

Foto: Standard/Cremer

Wien - 6,1 Prozent gewann die FPÖ in der Steiermark, 11,4 Prozent waren es am Sonntag bei der Wien-Wahl. Die SPÖ sucht nach einem Konzept, um diese Entwicklung zu stoppen - auch aus Eigeninteresse. Was die FPÖ gewinnt, verliert die SPÖ.

Gerade die von den Blauen so bemühte Integrationsdebatte soll noch mehr ins Zentrum der roten Strategie rücken und die Wähler wieder zurückholen. Die SPÖ diskutiert jetzt neue Ansätze. Relativ konkret wurde Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die sich für jede Gemeinde einen Beauftragten für Integration wünscht. Parteichef und Bundeskanzler Werner Faymann hofft, durch eine Rot-Weiß-Rot-Card klar zu machen, dass es keinen ungeregelten Zuzug nach Österreich gebe.

Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller wiederum plädierte dafür, sich möglichst mit den Menschen in betroffenen Regionen auseinanderzusetzen. Es würde nicht schaden, in "Ghettos" mit hohem Ausländeranteil zu gehen und sich die Sorgen der Bevölkerung direkt anzuhören. Jedenfalls gebe es Handlungsbedarf.

Vor einer Sitzung des Bundesparteipräsidiums am Mittwoch äußerten sich die Mitglieder nur vage. Die SPÖ müsse das Thema Integration "viel offensiver angehen", sagte ein Sprecher von Verteidigungsminister Norbert Darabos. Das habe vor allem die Wien-Wahl gezeigt. Zwar habe die SPÖ im vergangenen Jahr in Wien "viel getan" - Stichwort Hausmeister im Gemeindebau -, doch das wolle und müsse man nun "noch stärker als bisher" forcieren. Darabos leitet und koordiniert im Rahmen von Österreich 2020 ein Integrationskonzept. Als Grundlage für die Konzeption gilt der parteiinterne Präsidiumsbeschluss: "Zusammenleben nach klaren Regeln".

Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist der Meinung, die SPÖ müsse im Bereich Integration "die Hausaufgaben besser machen". Das bedeute aber nicht einen Ruck nach rechts, sondern dass die richtigen Antworten im Sinne einer toleranten Gesellschaft gegeben werden müssen.

Wahlmotiv Abstiegsangst

Von einem allzu rechtslastigen Kurswechsel raten diverse Politologen der SPÖ ab. Sie würde nur noch mehr Wähler an Blau und Grün verlieren, wenn es jetzt zu einer kopierten "Law and Order"- Haltung kommen sollte, meint Günter Ogris. Er empfiehlt der Partei, sich verstärkt um die Aufstiegschancen Jugendlicher zu kümmern. "Ein Kopftuch beißt niemanden real, die Ängste sitzen ganz woanders." Den FPÖ-Protestwählern gehe es viel mehr um gute Ausbildung und Lebensqualität, als um Zuwanderung. Das sei reine Symbolik. Die SPÖ müsse bei den Abstiegsängsten der Menschen ansetzen.

Der Politologe Peter Filzmaier bewertet den anvisierten Spagat der Roten als "unlösbar". Lang hätten diese den Fehler gemacht, das "Ausländerthema" auf Asyl zu reduzieren. Filzmaier fragt sich, ob die SPÖ wirklich dorthin schaue, "wo es wehtut". Sie solle sich darauf konzentrieren, den Mehrwert und die Notwendigkeit von Migranten zur Finanzierung des Sozialsystems zu vermitteln. Ein eigenes Staatssekretariat oder Ministerium für Integration würde nur dann Sinn machen, wenn es auch reale Kompetenzen zugeteilt bekomme. (APA, juh, fib, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.10.2010)