Wien - "Es ist verständlich, dass sich die SPÖ schützend vor die Bildungsministerin Claudia Schmied stellt. Jetzt aber die Gesamtschule durchpeitschen zu wollen ist eine Missinterpretation der Pisa-Ergebnisse", sagt der Sprecher von Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP).

Damit geht die Debatte in der Koalition um Österreichs Bildungssystem in die nächste Runde. Denn der Sprecher Prölls macht auch klar: Die ÖVP bleibt bei ihrer Linie. "Es sind Zweifel angebracht, die Gesamtschule als Allheilmittel anzupreisen, in der gute und schlechte Lehrer, gute und schlechte Schüler durcheinandergemischt werden. Das verschärft das Problem mehr, als es zu lösen." Damit wischt er die Forderungen von Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann vom Tisch, der sich am Freitag für eine gemeinsame Schule bis 14 und Ganztagsschulformen ausgesprochen hat.

Fischer auf Linie mit SPÖ

Unterstützung kriegt der Kanzler von Präsident Heinz Fischer, der sich im "Kurier"-Interview auf die Seite seiner ehemaligen Parteifreunde von der SPÖ stellt - mit der Begründung, in den Ländern, die beim Pisa-Test gut abgeschnitten haben, komme die gemeinsame Schulform bereits zum Einsatz. Für die Einführung der Gesamtschule ist auch der evangelische Bischof Michael Bünker. Wiens Erzbischof Christoph Schönborn wiederum bezeichnet die Bildungslage als "ernst".

Fischers Anliegen, zwischen SPÖ und ÖVP sowie Bildungsexperten Brücken zu bauen, dürfte schwierig werden - zumal Rot und Schwarz auch bei den Unis ständig aneinandergeraten. VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger verteidigt den Parteivorschlag zum Uni-Gesetz gegenüber der Kritik von SP-Klubchef Josef Cap, der sich strikt gegen Knock-out-Prüfungen ausgesprochen hat: "Die Haltung der SPÖ verwundert mich, da sie bei der Erstellung des Entwurfs eingebunden war." (nik/DER STANDARD-Printausgabe, 13.12.2010)