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Frauen haben, der Studie zufolge, in den vergangenen Jahren aus dem Verhaltensrepertoire der "heiligen männlichen" Karriereordnung geschöpft.

Foto: Reuters/PATRICK ANDRADE

Frauen haben in den vergangenen Jahren einiges aus dem Verhaltensrepertoire der "heiligen männlichen" Karriereordnung übernommen. Sie haben sich in die Gesetze hoher Hierarchiestufen eingelebt, agieren durchschlagkräftiger, sind faktenorientierter, mehr am großen Ganzen interessiert und auch selbstsicherer. So die aktuelle Studie der Personalberater Hill International, die seit 2005 4.455 Personen in Österreich mit psychologischen Analyseverfahren getestet hat. 36 Prozent sind Frauen, 64 Prozent Männer, rund die Hälfte befindet sich im mittleren oder oberen Management oder in gehobenen SachbearbeiterInnenpositionen und strebt Managementfunktionen an.

Im Längsschnitt der Hill-Untersuchung zeigt sich, dass Frauen heute deutlich mehr Führungspositionen anstreben, sich weniger für detailorientierte Tätigkeiten und mehr für globalen Überblick interessieren. Die schlechte Nachricht geht aber gleich damit einher: Frauen sind heute introvertierter als vor fünf Jahren, agieren vorsichtiger und misstrauischer und leisten gleichzeitig noch disziplinierter ihre Arbeit. "Es kostet Frauen offenbar mehr Kraft, auf diesem Feld mitzuspielen, eine Menge Frust-Erlebnisse liegen auf dem Weg", interpretiert Hill-Ko-Chefin Elisabeth Leyser. Ein Wohlfühlfaktor tritt in der Studie bei Frauen im oberen Management nicht zutage, und: Die Selbstkritik hat auch nicht abgenommen (siehe Grafik).

Bessere Chancen

Hohe Selbstkritik, Personenorientierung und Empfindsamkeit finden sich nicht in Stellenanzeigen, sind also keine Eigenschaften aus erwünschten ManagerIn-Profilen. Leyser will aber positiv bleiben: Da Frauen in den vergangenen Jahren viel vom Repertoire ihrer männlichen Kollegen gelernt hätten (mehr als umgekehrt, Männer haben demnach nicht mehr "weibliche" Eigenschaften wie Empfindsamkeit, Nachgiebigkeit angenommen), sei die Chance hoch, dass "die junge, exzellent ausgebildete Generation der Frauen sich hoffentlich nicht mehr mit weniger zufrieden gibt, als ihr zusteht". Es bedürfe aber einer Umbewertung der Familie, so Leyser - ohne faire Ausgangsbedingungen sei gerechte Machtverteilung in der Wirtschaft fern. Leyser: "Ein Mann, der die Familie genauso mitdenkt und lebt wie eine Frau, hat genau dieselben Karriere-Nachteile." Und: Ja, derzeit falle es auch Hill noch schwer, bei Kandidatenpräsentation eine Gender-Ausgeglichenheit zu finden. "Je höher die Position, desto eher bewerben sich Männer, die in Relation zu ihrer Qualifikation sehr selbstbewusst auftreten." (Karin Bauer, DER STANDARD Printausgabe 08./09.01.2011)