Wenn eine eine Reise tut, so kann sie was erzählen. Wenn eine zu lange geschwiegen hat, dann sprudelt es nur so aus ihr heraus. Auf die Schauspielerin in Christoph Braendles Stück Manhattan Blues trifft beides zu. So lässt sie sich, in New York auf ein Taxi wartend, von der Schweigsamkeit ihres Zuhörers nicht irritieren und monologisiert munter auf diesen ein. Intime Erlebnisse einer Scheiternden: Das Vorsprechen für das Burgtheater ist vor Jahren in die Hose gegangen, die große Karriere am Broadway wollte ebenso wenig gelingen, die Männer sind ein Reinfall. Heute jedoch beginnt ein neuer Lebensabschnitt, heute geht es zurück nach Österreich. Stephanie Schmiderer, die in Sandra Schüddekopfs Inszenierung einen kleinen Wiener Innenhof in eine große Bühne verwandelt, war tatsächlich mehrere Jahre in den USA. Zuvor hatten sie und Braendle bereits mehrfach ungewöhnliche Orte zu Spielflächen gemacht. Mit ihrer Heimkehr wurde ihr Wiener Salon Theater wieder ins Leben gerufen, der Schauspielerin ein Stück auf den Leib geschrieben. Ein Straßenmusiker (Hubert Wolf) erweist sich als idealer Gesprächspartner im Stile der Sokratischen Methode. Wie die Protagonistin so profitiert auch das Stück von dieser Wandlung zum Gespräch zweier Entwurzelter. Der Text wird dadurch auf eine universelle Ebene gehoben. (wall, DER STANDARD - Printausgabe, 18. Jänner 2011)