Ausnahmezustand: Wenn WKR-Ball und Demo-Verbot zusammenkommen, wird der Wiener Gürtel zur Fußgängerzone.

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Polizeikessel in der Wiener Westbahnstraße.

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Zwei Wega-Autos von der U6-Station Alser Straße unterwegs in die Josefstadt.

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Großzügige Sperrzone rund um die Wiener Hofburg.

Grafik: Polizei Wien

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Freitagvormittag versammelte sich eine Gruppe vor dem Parlament und protestierte gegen das Demo-Verbot.

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Die Stimmung zwischen Demonstranten und Polizei war aufgeheizt. Mitten im 8. Bezirk stießen beide Seiten zusammen. Dabei ging es im Grunde um einen ganz anderen Schauplatz: die Wiener Hofburg, die dem Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) am Freitagabend wieder einmal ein Dach bot.

Der festliche Tanz der Rechten und ganz Rechten gab wie jedes Jahr Anlass zum Widerstand - eine Demonstration vor der Hofburg war aber bereits am Donnerstag verboten worden. Freitagmorgen sickerte durch, dass die Behörden nicht einmal eine Standkundgebung gegen das extrem rechte Stelldichein erlauben würden. Dennoch rechnete die Polizei mit Demonstrationen - wusste aber nicht, wo.

Demonstrierende wichen in die Josefstadt aus

So wurden etliche Straßenzüge gesperrt. Verkehrsstaus waren die Folge.

Die Demonstranten gegen den rechten Ball wichen am frühen Abend in den 8. Bezirk aus. So waren mehrere kleinere Demonstrationszüge in der Josefstadt unterwegs, nach Informationen von derStandard.at mit insgesamt mindestens 300 Teilnehmern. Diese Einschätzung deckt sich auch mit den offiziellen Polizeiangaben. In der Spitalgasse, wo das Alte AKH mit seinem Uni-Campus liegt, wurden Demonstranten teilweise von Polizisten eingekreist. Eine Gruppe von rund 60 Leuten blockierte derweil den Gürtel.

Die Menschengrüppchen liefen schließlich in der Westbahnstraße zusammen. Sie protestierten mit Sprechchören wie "This is what democracy looks like" und "Wiener Polizei wie immer rechts dabei". Einer als Clowns maskierten Gruppe nahmen die Exekutivbeamten Trommeln ab. Auch bei friedlichen Demonstranten wurden Ausweiskontrollen durchgeführt.

Festnahme wegen Sachbeschädigung

Im Laufe des Abends kam es nach Angaben der Austria Presse Agentur (APA) zu insgesamt vier Festnahmen, bei 160 Menschen wurden die Personalien geprüft. Laut Angaben der Polizei wurde ein Schaufenster eines Modegeschäftes auf der Mariahilferstraße eingeschlagen. Die Polizei teilte mit, dass es keine Verletzten gebe.

Nach der Zusammenkunft auf der Neubauer Westbahnstraße fanden sich noch rund 200 Demonstranten auch in der Mariahilferstraße ein. Bei etlichen wurden Identitätsfeststellungen vorgenommen. Die Demonstration auf der Mariahilferstraße löste sich gegen 20:30 Uhr auf.

Polizei kontrollierte Bus aus Graz

Bereits am Freitagnachmittag wurde ein Bus mit Demonstrierenden aus Graz von der Polizei aufgehalten. Die Identitäten sämtlicher Insassen wurden notiert. Laut Angaben der ÖH der Uni Graz wurde der Bus zu den Protesten nach Wien von der Polizei eineinhalb Stunden aufgehalten.

"Nicht nur, dass alle Aktivistinnen in der Kälte perlustriert wurden, es wurde damit vor allem das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit entzogen", empörte sich Cengiz Kulac, GRAS-Studentenpolitiker und ÖH-Vorsitzender der Uni Graz.

Wiener Innenstadt-Buslinien eingestellt

Aufgrund der möglichen Demonstration stellten die Wiener Linien mehrere Buslinien, die unter anderem in der Innenstadt verkehren, am Freitagabend zur Gänze ein. Betroffen waren die Linien 1A, 2A, und 3A. Die Wiener Linien empfahlen, auf die U-Bahn auszuweichen.

Die untersagte Kundgebung gegen den Korporationsring-Ball hat auch zu Protesten in sozialen Netzwerken im Internet geführt. So finden sich in Facebook Gruppen wie "No WKR 2011" und in Weblogs wird über das Demo-Verbot informiert.

Auf Facebook wurde auch für den Korporationsball eine Seite eingerichtet - es handle sich dabei aber um kein offizielles Profil des WKR, betonte Sprecher Udo Guggenbichler, FPÖ-Gemeinderat in Wien. Dass er dort als "Moderator" aufscheint, habe er nicht gewusst. Guggenbichler als Moderator wurde Freitagnachmittag ebenso entfernt wie ein eventuell von einem WKR-Gegner erstelltes und über 15 Stunden aufscheinendes Pinnwand-Posting mit dem Inhalt "Sieg Heil". Wenig später war die gesamte Seite nicht mehr aufzurufen.

Jarolim plant Fekter-Anfrage

Auf politischer Ebene regte sich ebenfalls Widerstand. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kündigte eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) zum Demo-Verbot an.

Für ihn ist es "bedenklich genug", dass der WKR "das Tanzbein zu seinem jährlichen Ball in der Hofburg schwingt". Dass aber die Gegendemonstration verboten wurde, "bedarf genauer Prüfung". Natürlich seien Ausschreitungen "und jegliche Form von Extremismus zu unterbinden". Es sei aber zu prüfen, ob es im konkreten Fall nicht ein anderes, gelinderes Mittel gibt, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, etwa durch mehr Polizei vor Ort."

Vassilakou kritisiert Demo-Verbot

Auch die grüne Wiener Vize-Bürgermeisterin Maria Vassilakou bedauerte, dass die Fronten verhärtet seien und keine Demo erlaubt wurde. Sie betonte, dass Demos gegen Rechtsaußen in anderen europäischen Großstädten problemlos stattfinden dürften. Vassilakou plädierte dafür, künftig Demos gegen den WKR-Ball sehr wohl zu ermöglichen.

Die Studentenvertreter der Akademie der bildenden Künste in Wien nannte das Demo-Verbot in einer Aussendung einen "politischen Skandal". Sie sprachen von "rassistischem Normalzustand in Österreich". Die Grünen und Alternativen Studentinnen (GRAS) zeigten sich ebenfalls "entsetzt" über das Verbot.

FPÖ macht Stimmung gegen Demo

Die FPÖ rechnete bereits im Vorfeld mit "Krawallen". Der Wiener Gemeinderat Wolfgang Jung erklärte in einer Aussendung: "Es kann nicht sein, dass linke Extremisten immer wieder die anständigen Bürger in unserer Stadt tyrannisieren dürfen und dabei immense Kosten verursachen."

Die Polizei hatte nach der eigentlich geplanten Demo auch die von linken Gruppierungen für Freitagabend geplante Standkundgebung gegen den Ball untersagt. Gestern wurde den Gegnern des WKR-Balls noch erlaubt, eine solche im Votivpark abzuhalten. Grund für die Absage sei eine Spontandemo, die am Donnerstagabend in der Wiener Innenstadt stattgefunden hat, erklärte der Polizeisprecher Roman Hahslinger am Freitagvormittag. (APA/red)