In deutschen Amtsstuben hat sich in den vergangenen Jahren einiges zum Besseren verändert. BürgerInnen sind immer weniger BittstellerInnen vor dem allmächtigen Staat, sondern die StaatsdienerInnen verstehen sich als DienstleisterInnen für den Bürger/die Bürgerin - oder sollten dies zumindest tun.

"Gesicht zeigen" heißt diese Maxime in der Frankfurter Stadtverwaltung, womit die Paradoxie quasi auf die Spitze getrieben wird. Denn ausgerechnet dort will eine Muslimin nun in Burka arbeiten. Verständlich, dass der Arbeitgeber dies im öffentlichen Dienst ablehnt. Ein tief verschleiertes Gesicht schafft keine Bürgernähe. Der Staat darf sich vor dem Bürger/der Bürgerin nicht verstecken, deshalb ist es Angestellten im öffentlichen Dienst auch nicht gestattet, Sonnenbrillen oder Clownmasken zu tragen - außer vielleicht am Rosenmontag und Faschingsdienstag in Köln.

Auf der anderen Seite ist die Religionsfreiheit ein hohes Gut, das zu schützen der Staat ebenfalls verpflichtet ist. Vermutlich wird es einiger Prozesse, bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, bedürfen, um eine endgültige Klärung zu erreichen.

Nicht angebracht jedoch ist jene Aufregung, mit der konservative Politiker präventiv nach dem Burka-Verbot rufen. Es gibt in Deutschland keine Heerscharen von Frauen, die vollverschleiert auftreten, geschweige denn den Staatsdienst vereinnahmen und ummodeln wollen. Gelassenheit und Einzelfall-Prüfung täte allen Beteiligten gut. (Birgit Baumann, DER STANDARD Printausgabe 4.2.2011)