Die österreichischen Parlamentsparteien bitten um Ihre Spende!

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Die offiziellen Parteispenden von 2001 bis 2005. Die tatsächlichen Zuwendungen sind ein gut gehütetes Geheimnis der Parteiapparate.

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Wien - Weil Österreich die im Jahr 2003 erlassenen Richtlinien des Europarates für transparente Parteifinanzen immer noch nicht umgesetzt hat, droht nun eine Verurteilung durch die Antikorruptions-Gruppe des Gremiums (GRECO). Ein Expertenteam des Europarats wird die österreichischen Regeln im Juni unter die Lupe nehmen. Dass die österreichische Rechtslage den Anforderungen des Europarats nicht entspricht, ist allerdings bereits im Vorfeld absehbar. Die im Vorjahr begonnenen Parteienverhandlungen über mehr Transparenz liegen unterdessen auf Eis.

Dass Österreich die Europarats-Vorgaben nicht erfüllt, ist den Parteien bewusst. Die Generalsekretäre der fünf Parlamentsparteien haben daher im Vorjahr Nachbesserungen vereinbart: Demnach sollen Spenden ab 7.000 Euro offengelegt, Zuwendungen aus dem Ausland und von Staatfirmen untersagt und Spenden von öffentlichen Auftragnehmern (etwa Baufirmen) begrenzt werden. Die Umsetzung der Vereinbarung lässt nun aber auf sich warten. Ein Verhandlungstermin am 19. Jänner wurde von der Koalition abgesagt, seither gab es keine Gespräche.

Experten des Europarats im Juni in Österreich

Ohne rechtzeitige Neuregelung droht Österreich scharfe Kritik der Antikorruptions-Gruppe des Europarats (GRECO), die die hiesige Rechtslage heuer prüfen wird. Ein Expertenteam des Europarats wird von 6. bis 10. Juni nach Österreich kommen, wie GRECO-Exekutivsekretär Wolfgang Rau der APA sagte. Der Bericht über das österreichische System der Parteienfinanzierung soll im Dezember vorliegen und wird nach Einschätzung des auf Parteienfinanzierung spezialisierten Politikwissenschafters Hubert Sickinger äußerst kritisch ausfallen.

Sickinger kritisiert, dass in Österreich weder die Offenlegung von Parteispenden, noch ein unabhängiges Kontrollorgan vorgesehen sind. Folglich gibt es auch keine Sanktionen bei Verstößen. Außerdem verweist Sickinger darauf, dass der Europarat im Juni auch die strafrechtlichen Bestimmungen zur Korruptionsbekämpfung überprüft. Hier sieht der Politikwissenschafter ebenfalls Lücken, denn die strafrechtlichen Bestimmungen gegen politische Korruption seien in Österreich "bemerkenswert milde".

Sickinger rechnet mit Kritik

Konkret stößt sich Sickinger daran, dass es Politikern zwar untersagt ist, Geld für eine sogenannte "pflichtwidrige" Amtshandlung anzunehmen (§304 Strafgesetzbuch "Bestechlichkeit"). Hier drohen bis zu drei Jahre Haft. Die Geschenkannahme für "pflichtgemäße" Amtshandlungen (§305 "Vorteilsannahme") ist dagegen nur dann strafbar, wenn sie gegen das Dienstrecht des Amtsträgers verstößt. Dies führt de facto zur Entkriminalisierung dieser Delikte bei Politikern, denn, so Sickinger: "Dienstrecht gibt es für Politiker keines."

Der Politikwissenschafter rechnet daher sowohl im Bereich des Strafrechts als auch bei der Parteienfinanzierung mit Kritik der Europarats-Experten an der Regierung. "Auf beiden Seiten werden sie Prügel beziehen", erwartet Sickinger.

Transparency International: "Einfallstor für Korruption"

Ein negativer GRECO-Bericht wäre nicht der erste internationale Rüffel für das österreichische Parteiengesetz. Zuletzt haben die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach der Bundespräsidentenwahl 2010 die mangelnde Transparenz der Parteifinanzen kritisiert. "Ein solches unreglementiertes System für Spenden ermöglicht Missbrauch, etwa durch die Annahme von Spenden von illegalen Firmen, und unterschlägt den Wählern wichtige Informationen über die Kandidaten", kritisierten die Wahlbeobachter.

Schärfer formulierte der Vorsitzende von Transparency International Österreich, Franz Fiedler: Er bezeichnete anonyme Parteispenden im Vorjahr als "Einfallstor für Korruption". Der Leiter der OECD-Arbeitsgruppe gegen Unternehmenskorruption, der Schweizer Mark Pieth, bezeichnete Österreich wegen seiner milden Rechtslage als "Korruptions-Oase".

Der Bericht der GRECO-Experten wird für Dezember erwartet und nach Freigabe durch Österreich veröffentlicht. Dies kann allerdings dauern: Für die Freigabe des letzten GRECO-Berichts (betreffend die allgemeine Korruptionsbekämpfung in Österreich) ließ sich die Regierung ein gutes halbes Jahr Zeit - von Juni bis Dezember 2008.

SPÖ vertröstet auf Herbst

SP-Geschäftsführer Günther Kräuter, der die Neuregelung ursprünglich für Anfang 2011 angekündigt hatte, sagt nun eine Umsetzung gemeinsam mit der Transparenzdatenbank im September zu. "Entscheidend ist, dass es bis Herbst in Kraft tritt", so Kräuter: Verschärfte Transparenz für die Bürger sei ohne Transparenz für Parteien "in der Öffentlichkeit nicht vertretbar". Inhaltlich gelten sollen die Regeln laut Kräuter aber nur für die Bundesparteien - Regeln für die Landesparteien seien Sache der Landtage und vereinzelt schon in Vorbereitung.

ÖVP: Transparenz bei Bünden "schwer machbar"

Für VP-Verhandler Werner Amon wäre auch die Einbeziehung aller Teilorganisationen auf Bundesebene nur "relativ schwer technisch machbar". Schließlich seien die Bünde der ÖVP formal keine Parteien, sondern Vereine. Grundsätzlich unterstütze die ÖVP zwar die Forderung nach Spendentransparenz: "Offenlegung ja", so Amon - aber ab welcher Summe müsse erst verhandelt werden. Nachschärfen will Amon auch bei der öffentlichen Parteienfinanzierung: Konkret soll es höhere Hürden gegen die Weiterleitung von Geldern der Parlamentsklubs an die Parteien geben.

Opposition: Rot und Schwarz wollen nicht

Während sich die Koalition offiziell verhandlungsbereit gibt, befürchtet die Opposition, dass es SPÖ und ÖVP in Wahrheit auf ein Scheitern der Gespräche anlegen. Grund: Der letzte Verhandlungstermin am 19. Jänner wurde abgesagt, seither kam kein neuer Termin zustande. Der Grüne Werner Kogler sieht die Verantwortung dafür bei den Klubchefs. "Sand im Getriebe war von dem Moment weg, wo das Thema die Klubobleute erreicht hat", kritisiert der Grüne Vizeklubchef. "Da ist der Verdacht berechtigt, dass sie nicht wirklich wollen."

BZÖ-Generalsekrtär Christian Ebner glaubt, dass die Koalition insbesondere eine Neuregelung der Regierungswerbung und strengere Regeln für die Weiterleitung von Geldern der Kammern an die Parteien verhindern möchte. Letztere würden mit den "Zwangsbeiträgen" der Mitglieder die Koalitionsparteien unterstützen, kritisiert Ebner. "Die Diskussion ist recht produktiv verlaufen, bis wir diese heißen Themen angegriffen haben", sagt der BZÖ-Politiker. Offenbar sollten jene Bereiche, "wo sich die Regierungsparteien wirklich bedienen", ausgespart werden. (APA)