Linz - Hinter dem Scheibenwischer seines Autos fand ein Mann in Linz ein Flugblatt mit einer Warnung vor dem "Volkstod". "Bald sind wir eine Minderheit im eigenen Land. (...). Was tust du dagegen?" Der Angesprochene rief die Polizei an, damit diese das Hetzblatt sicherstelle. Die darauf angegebene Internetseite "führt zum selben Server in San Francisco wie die Neonazi-Homepage von Alpen-Donau.Info", bestätigt der Sprecher des Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus, Robert Eiter. Doch die Polizei habe dem Anrufer erklärt, sich darum nicht zu kümmern.

Entsetzt über diese Antwort, informierte der Mann die Grünen und die SPÖ von dem, was ihm Mitte Februar in Linz wiederfahren war. Das Landespolizeikommando hat zumindest die Polizeistationen angewiesen, derartige Meldungen, auch wenn dafür der Verfassungsschutz zuständig sei, künftig anzunehmen. Ein Mitarbeiter der Volkshilfe, der ebenfalls "Volkstod"-Flugblätter gefunden hatte, erstattete bei der Staatsanwaltschaft Anzeige.

Ortswechsel: Im Bezirk Braunau konnten Neonazis unbehelligt Aufrufe zur Gründung von sogenannten Patrioten-Stammtischen verteilen. Nachforschungen des Netzwerks gegen Rassismus ergaben, dass die auf den Zetteln angegebene Kontaktadresse "direkt zur ,Nationalen Volkspartei' (NVP) führt", erklärt Eiter.

"Fehlende Sensibilität"

Die SPÖ Oberösterreich hat wegen der Häufung rechter Zwischenfälle die Einberufung des Landessicherheitsrats gefordert. "In unserem Bundesland muss das Problem Rechtsextremismus endlich wirksamer bekämpft werden", erklärt SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Horner. Er hält der Exekutive und der Justiz "mangelnden Nachdruck und fehlende Sensibilität" vor. Die Politik sei am Zug.

Erst vorige Woche taten sich SPÖ, Grüne, KPÖ, ÖGB, Mauthausen-Komitee, das Netzwerk sowie die Israelitische Kultusgemeinde zusammen. Sie kritisierten, dass in Verfahren gegen mutmaßliche Neonazis sowie bei polizeilichen Ermittlungen in Oberösterreich nichts weitergehe. Im August 2009 schlossen die Behörden die NVP und die "Bunten" von den Gemeinderats- und Landtagswahlen aus und zeigten sie wegen Wiederbetätigung an. Bisher gibt es gegen die NVP eine Anklage.

Im Februar 2009 und März 2010 wurde die KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit antisemitischen Parolen beschmiert. Die Täter konnten nicht ausgeforscht werden. Das Mauthausen-Komitee spricht von "unerträglicher Laxheit". Dies hält auch die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Maria Buchmayr, ihrem Koalitionspartner in Oberösterreich, der ÖVP, vor. Landeshauptmann Josef Pühringer versichert auf Nachfragen lediglich "null Toleranz bei Rechtsextremismus". (Kerstin Scheller, DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2011)