Studiengangsleiter Wilfing: "Der Schwerpunkt liegt auf theoretischen Studien."

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Soziale Räume in ihren Eigenheiten erfassen, mit den dort lebenden Menschen Neues entwickeln und aufbauen oder aber für die Arbeit im stationären und ambulanten Gesundheits- und Sozialdienst ausgebildet werden - all das bietet der vier Semester dauernde Master "Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit" an der "FH Campus Wien".

Was hat man sich unter "Sozialraumorientierung" vorzustellen? Heinz Wilfing, Studiengangsleiter des Masterlehrgangs, klärt auf: "Sozialraumorientierung meint eine Spezialisierung auf Bereiche der sozialen Arbeit, die sich mit dem Leben von Menschen im öffentlichen Raum befasst." Nicht so sehr der einzelne Mensch steht im Vordergrund, vielmehr die Arbeit in und mit dem gesamten sozialen Umfeld, in dem sich Gruppen bewegen. Beispiele hierfür sind "offene und mobile Kinder- und Jugendförderung oder eine bewohnerInnenorientierte Stadterneuerung, wie etwa im Rahmen der 'Wiener Wohnpartnerschaft'", führt Wilfing weiter aus.

Und "Klinische Soziale Arbeit"? Diese beschäftigt sich mit "kurativen und präventiven Gesundheitsprozessen", wobei der Fokus hier vor allem auf der "Bewältigung der mit Krankheit verbundenen sozialen und ökonomischen Problemen" liegt, so der Studiengangsleiter: Klinische Sozialarbeit werde sowohl "in stationären Gesundheitseinrichtungen (Spitälern und Rehabilitationszentren), als auch in ambulanten Sozial- und Gesundheitsdiensten (z.B. Psychosoziale Dienste, Suchtberatungseinrichtungen) angeboten".

Berufsbilder sehr unterschiedlich

Die beruflichen Möglichkeiten gestalten sich für AbsolventInnen des Studiengangs unterschiedlich: So sind AbsolventInnen mit Berufserfahrung nach dem Master für Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst oder privaten "Non-Profit-Organisationen" qualifiziert, wohingegen AbsolventInnen ohne Berufserfahrung erst in die Praxis müssen: Arbeit im Gewaltschutz, Jugendwohlfahrt, Arbeitsmarkt, Betreuung älterer Menschen, Arbeit mit MigrantInnen, offene Jugendarbeit, Arbeit in Kliniken und ähnliches sind ihre Arbeitsfelder, so Studiengangsleiter Wilfing.

Fokus auf Theorie

Denn der Master ersetzt nicht die praktische Arbeitserfahrung: Diese muss man entweder vorher oder nachher sammeln. "Der Schwerpunkt liegt auf theoretischen Studien", klärt Wilfing auf, praktische Beispiele werden zwar bearbeitet, es ist jedoch kein Praktikum verpflichtend. Der Fokus liegt also auf der Wissenschaft: AbsolventInnen sind an sozialwissenschaftlichen Instituten sehr gesucht, weiß Wilfing, da sie im Unterschied zu "reinen UniversitätsabsolventInnen", auch über eine soziale Ausbildung und Berufspraxis verfügen.

"Altersverteilung stark gestreut"

Für den Studiengang, bei dem es pro Jahrgang rund 60 TeilnehmerInnen gibt, können sich AbsolventInnen von Studien der Sozialarbeit mit oder ohne Berufserfahrung, aber auch AbsolventInnen anderer sozial- bzw. humanwissenschaftlicher oder pädagogischer Studien bewerben: "Das Aufnahmeverfahren berücksichtigt Vorstudien, Berufserfahrungen und persönlichkeitsmäßige Aspekte, es werden schriftliche Beiträge erbeten und Interviews geführt". Zustande kommt ein buntgemischter Haufen: Das Alter reicht von 25 bis 50 Jahre, StudentInnen mit langjähriger Berufserfahrung sitzen neben solchen mit gerade beendetem Erststudium.

"Weiterbildung ist wichtig"

Auch Sabine Weichinger, eine Absolventin des Masterstudiengangs, hat nach ihrem Erststudium der Sozialen Arbeit in unterschiedlichen sozialen Bereichen Berufserfahrung gesammelt, bevor sie sich für ein erneutes Studium entschieden hat. Den Bereich der Klinischen Sozialen Arbeit hat sie aus Interesse gewählt. Weichinger hält es im Sozialbereich für wichtig, "sich kontinuierlich weiterzubilden, um auch neuere Entwicklungen erfassen zu können". Seit einigen Jahren arbeitet sie in der MA 11, in der Magistratsabteilung für Jugend und Familie. Als Sozialarbeiterin ist sie hier für vor allem für den Kinderschutz zuständig, das heißt, sie kümmert sich unter anderem um "Gefährdungsmeldungen", entscheidet, "ob Kinder und Jugendliche bei ihren Eltern aufwachsen können oder in einer Wohngemeinschaft untergebracht werden müssen".

"Das beim Masterstudium erworbene Wissen hat mich auf jeden Fall bereichert", sagt Weichinger, besonders "in den Bereichen der Forschung, des Qualitätsmanagements, der sozialen Diagnostik und des Projektmanagements" habe sie viel dazugelernt. Auch die "Durchmischung der Vortragenden", welche auch an anderen Fachhochschulen und Universitäten lehren, empfindet die Sozialarbeiterin als positiv. Und nicht zuletzt die unterschiedlichen Hintergründe und Berufserfahrungen der Kommilitonen haben es ermöglicht, "von vielen erfahrenen Kolleginnen und Kollegen zu lernen bzw. selbst Wissen in die Gruppe einzubringen".

Master wird zu "Vollzeit-Studium"

Im kommenden Herbst kommt es zu einer grundlegenden Änderung des Masterstudiums "Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit": Der bisher berufsbegleitend zu absolvierende Master wird ab dem Studienjahr 2011/12 auf ein Vollzeit-Studium umgestellt. Aber, so versichert der Studienprogrammleiter, das Studium werde weiterhin "berufstätigenfreundlich" organisiert, das heißt mit teilweise geblockten Lehrveranstaltungen, dem Einsatz von Fernlehreelementen und gelegentlichem Unterricht an den Samstagen. (Sophie Leitner, derstandard.at, 11.4.2011)