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Nicht immer führt der Weg des geringsten Widerstands zur besten Lösung

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v.l.n.r.: Stephan Proksch, Mediator und Unternehmensberater, Trialogis; Moderatorin Beate Huber, Institutsleiterin Personal- und Wissensmanagement; Susanne de Cillia, HR Director, Frequentis AG; Peter Truzla, Personalleiter Österreich, Henkel CEE

Foto: Gudrun Sotz-Hollinger/FHWien

Mehr als zwei Stunden pro Woche verbringt jeder arbeitende Mensch durchschnittlich mit der Austragung von Konflikten. Das legt zumindest die Studie "Workplace Conflict" aus dem Jahr 2008 unter 5.000 Mitarbeitern internationaler Unternehmen nahe. Zeit, die Unternehmen viel Produktivität und Geld kostet.

Dennoch: Die Lösung von Konflikten steht in der Wirtschaft häufig nicht groß am Programm. "Der Grund ist, dass Konflikte als etwas Negatives wahrgenommen werden", erklärte Stephan Proksch im Rahmen der Podiumsdiskussion "Konfliktmanagement im Unternehmen", veranstaltet vom Institut für Personal- und Wissensmanagement der FHWien. Der Buchautor, Mediator und Unternehmensberater sprach damit an, was in vielen Unternehmen Praxis ist: Konflikte werden gerne am Weg des geringsten Widerstandes begangen - nicht selten geschieht das mithilfe von Kündigung oder Versetzung.

Mündige Mitarbeiter

"Es ist in erster Linie Teil der Unternehmenskultur, wie mit Konflikten umgegangen wird", erklärte Peter Truzla, CEE von Henkel, in der Diskussionsrunde. Für ihn ist die Lösung von Konflikten primär Führungsaufgabe. Bei Henkel gibt es aber im Rahmen einer Inhouse Academy Trainings für jeden Mitarbeiter, in denen auch Konflikte Thema sind. Insofern versuche man Mitarbeiter schon präventiv für Konfliktlösung fit zu machen. Auch bei Frequentis wird das Thema Konflikt nicht nur auf der Führungsebene getragen: HR Director Susanne de Cilla, wusste von "mündigen Mitarbeitern" zu erzählen, die zu diesem Thema Trainings absolvieren können.

Rolle der Personalisten

Um schwelende Konflikte überhaupt erst zu erkennen, bedürfe es aber informeller Kontakte, meinte Truzla. Ob das ein gutes Verhältnis der HR Abteilung  zum Betriebsrat ist oder ein vertrauensvolles Gespräch im Firmenhof: der persönliche Kontakt macht viel aus, waren sich die Personalisten der Runde einig. "Es braucht ein Sensorium zur Ortung von Problemen", war auch De Cilla überzeugt. Schon an der Körpersprache von Mitarbeitern in Meetings lasse sich manchmal einiges ablesen.

Freilich, die Personalabteilung hat es nicht immer einfach auf dem Gebiet der Konflikte: "Einerseits sollen HR Manager vertrauenswürdig sein, andererseits sind sie auch so etwas wie Regelpolizisten im Unternehmen", gab Truzla zu bedenken. "Die Personalabteilung wird meist dann zur Anlaufstelle, wenn Führungskräfte selbst zum Konfliktfall werden", so De Cilla, denn Mitarbeiter gingen im Normalfall zuerst zum Vorgesetzten, wenn es Differenzen zwischen Kollegen gibt.

Angst vor Konfrontation

Dennoch: Mitarbeiter reagieren oft mit Verdrängung, gehen auf Sündenbocksuche, übergeben das Problem nach oben weiter an den Vorgesetzten oder versuchen auf eigene Faust zu reparieren, was noch zu retten ist. "Führungskräfte wiederum greifen ungern auf integrierende Maßnahmen wie Mediation, Teamentwicklung oder klärende Gespräche zurück, weil sie erstens zuwenig Schulung auf dem Gebiet haben und zweitens Sorge vor Kontrollverlust und dem Hochkommen von ungeliebten Dingen", berichtete Proksch.

In Konflikten stecke aber auch viel positives Potenzial, "vorausgesetzt sie werden gut ausgetragen". Konfliktlösung führt zum besseren Verständnis von Personen und Sachverhalten, kann Innovation bedeuten und nicht zuletzt werden Probleme gelöst statt ignoriert.

Für den Mediator und Unternehmensberater ist der Aufbau eines innerbetrieblichen Konfliktmanagementssystems in Unternehmen die ideale Herangehensweise: "Es soll unabhängige Ansprechpersonen geben, an die sich Mitarbeiter wenden können." Integrierende Maßnahmen wie Mediation könnten Unternehmen viel Kosten ersparen und Effizienz steigern, denn, so der Berater: "Rechnet man die Arbeitszeit, die für die Austragung von Konflikten aufgewendet wird, kommt das sicher teurer als die Investition in deren Lösung. (mat, derStandard.at, 13.4.2011)