Wien - Gaddafi kommt als Puppentheater-Star ins Wiener brut-Theater. Am Freitagabend feiert der "King of the Kings" beim "Freischwimmer"-Festival Premiere. Konzipiert wurde die Polit-Groteske über die Inszenierungskunst des libyschen Diktators allerdings vor den blutigen Umstürzen, so Regisseurin Ivana Sajevic gegenüber der APA-Interview erzählt. "Viele tun sich jetzt schwer, zu lachen."

Die 32-jährige Berliner Regisseurin und Puppenspielerin mit bosnischen Wurzeln findet an einer kräftigen Portion Humor angesichts der Ereignisse allerdings nichts Schlimmes. "Die Tatsache, dass er ein brutaler Diktator ist, hat sich ja nicht geändert. Und Lachen sehe ich da schon auch als Katharsis." Auf das Thema gestoßen ist sie bei Recherchen zu medialen Inszenierungen politischer Persönlichkeiten - "dann habe ich gemerkt, dass Gaddafi allein abendfüllend ist". Ein Politiker, der sich andauernd zum Autor, Regisseur und Hauptdarsteller seines persönlichen Theaterstücks macht: "Es hat mich gewundert, dass er von der Kunst nicht schon öfter aufgegriffen wurde."

Aus dem Diktator wurde also eine 70 Zentimeter große Klappmaulpuppe, die im Stück mit realen Menschen interagiert - aber auch mit Handpuppen wie den "Global Players", mit denen Waffendeals verhandelt werden, oder mit Fingerpuppen, nämlich einer Schweizer Wandergruppe, die er sich in einem Vögelkäfig hält. "Ein, zwei Araber-Puppen gibt es auch", erklärt Sajevic - und nimmt politische Brisanz mit einem Schulterzucken mit. Von Menschen wird Gaddafis Crew dargestellt, "sie sorgen dafür, dass er einen wirklich guten Theaterabend hat". Dazu gehören natürlich zahlreiche Kostümwechsel - Gaddafis Celebrity-Dress mit Sparkle-Sonnenbrille liegt im Depot gleich neben dem Military-Outfit.

Eingeleitet wird der Abend mit Videointerviews - auf der Straße befragten Sajevic und ihre Mitarbeiter der Theatergruppe "Lovefuckers" Passanten nach ihrem Bild von Gaddafi - freilich schon vor Monaten. Jetzt sind diese Bänder wohl so etwas wie historische Dokumente. "Für uns waren die Entwicklungen natürlich überraschend, wir haben das Stück ja vor einem Jahr konzipiert." Ein klassischer Fall von Eingeholtwerden durch die Geschichte. "An der Dramaturgie hat sich dann aber gar nicht so viel geändert", erklärt die Regisseurin. Nur eine Sache: "Am Ende hätte im Stück eigentlich eine Revolution stattfinden sollen." Jetzt wird sie nur angedeutet. (APA)